Costa Rica IV


01. Dezember 2024 bis 02. Januar 2025

Als wir im Taxi vor der Piste des Juan Santamaria Flughafens vorbeifahren, setzt der rot-weisse Airbus A340 mit dem Edelweiss auf der Schwanzflosse gerade zur Landung an. Kurze Zeit später können wir Marcels Schwester Ines in die Arme nehmen. Wir freuen uns, dass sie den ganzen Dezember mit uns in Costa Rica verbringen wird. Sie verwöhnt uns mit Torino, Ragusa, echten Balser Leckerli und weiteren Leckereien aus der Schweiz.

Obwohl Ines gekommen ist um den kalten Winter in der Schweiz zu entfliehen, fahren wir mit ihr erst mal in die Berge. Wir hoffen, dass die tiefen Temperaturen auf fast 3‘000 Meter Höhe für sie jetzt noch erträglicher sind. Erst einmal drängen wir uns durch den dichten Verkehr ins Zentrum von San José und besuchen den Mercado Central. Im lebhaften Zentralmarkt werden Obst, Gemüse, Fisch, Kaffee, Kräuter und Gewürze, warme Imbisse und traditionelles Kunsthandwerk angeboten. Im Gedränge seiner labyrinthartigen Gänge müssen wir aufpassen, dass wir uns nicht verlieren.

Nachdem wir den Staus der Hauptstadt entkommen sind, steuern wir die Basilika von Cartago an. Bereits zum dritten Mal sind wir hier. Den aussen und innen wunderschönen Sakralbau wollen wir Ines unbedingt zeigen. Diesmal füllen wir eine Trinkflasche an der Quelle neben der Basilika. Trotz Unbedenklichkeitserklärung vom Ministerium erweist sich das stark gechlorte Weihwasser aber als ungeniessbar.

Jetzt aber nichts wie los, ab in die Berge. Auf der Panamericana fahren wir wieder hinauf zum Cerro de la Muerte. Wir wollen noch einmal versuchen, die Quetzales zu sehen. Während das Höhenmeter steigt, sinkt das Thermometer kontinuierlich. Als wir im Hostal Iyok Amy ankommen treibt der Wind dichten Nebel über den Bergkamm. Es nieselt und ist kalt. Nach einem feinen Lachsforellenfilet zum Abendessen, wärmen wir uns noch etwas am offenen Kaminfeuer, bevor wir zu Rocky zurückgehen. Ines bezieht ihr kaltes Zimmer, wo sechs Decken auf sie warten.

Bereits um halb sechs Uhr stehen wir am Morgen wieder am Panoramafenster des Hostals. Die Quetzales sind Frühaufsteher. Der dampfenden Kaffee in unseren Händen hilft etwas gegen die tiefe Temperatur im Raum. Es regnet immer mal wieder und der Wind schüttelt heftig die wilden Avocadobäume vor uns, deren Früchte auf dem Speiseplan der Göttervögel stehen. Und dann fliegt tatsächlich ein Weibchen vorbei. Wir erkennen es klar am blaugrünen Federkleid und dem roten Bauch. Dann entdecken wir im Magic Tree einen Quetzal Männchen. Freude herrscht. Doch bevor wir die Kameras richten können, fliegt es von dannen. Die langen Schwanzfedern schlängeln hinter ihm her. In Foto Pose setzt ich später ein weiteres Weibchen. Leider kommen im Gegenlicht ihre leuchtenden Farben nicht zu Geltung.

In Costa Rica gibt es den Queso Fresco, einen ungereiften Frischkäse oder den Queso Palmito, eine Art Mozzarella. Beide sind fade Käsesorten, die unsere Schweizer Käseherzen nicht wirklich erwärmen. Aus einen Zeitungsbericht haben wir erfahren, dass es in einem abgelegenen Tal in Costa Rica eine Käserei mit schweizerischem Knowhow gibt. Ein guter Grund für einen kleinen Abstecher nach Canaán. Der Schweizer Martin Chatagny aus dem Kanton Freiburg kam vor 25 Jahren auf den Hof von Wilbert Zuñiga und brachte der Familie bei, traditionellen Schweizer Käse herzustellen. Die meisten Costa-Ricaner fanden jedoch, dass er furchtbar roch und schmeckte. Bei den Ausländern kam er jedoch gut an. Ein Franzose soll einmal gesagt haben: ‚Ihr Ticos seid dumm, ihr esst den schlechten Käse und mögt den richtig guten nicht‘. Die ganze Geschichte gibt es nachzulesen auf :

https://www.blick.ch/life/gesundheit/ernaehrung/abnehmen/schweizer-kaese-in-costa-rica-queso-suizo-por-favor-id20068607.html

Wir werden vom Bauern und Käser sehr herzlich empfangen. Als er vernimmt, dass wir Schweizer sind, schwärmt er von seinem Besuch bei Martin Chatagny in Gruyère vor vielen Jahren, von seiner Wanderung auf den Gipfel des Moléson. Natürlich dürfen wir seine verschiedenen Käsesorten probieren, die uns vorzüglich munden. So einige Stücke „Queso maduro estilo Suizo“ – gereifter Käse nach Schweizer Art – bekommen vorübergehend einen Platz in unserem Kühlschrank.

Nach dem Frühstück im Hotel El Pelicano erfahren wir, dass es im grünen Seitental nicht nur feinen Käse gibt, sondern auch viel Natur. Hinter dem Haus werfen wir mit dem Hausherrn einen Blick auf einen unglaublichen Baum, leuchtend rot, voller Bromelien. Der Naturfreund erklärt uns Pflanzen und Vögel in seinem Garten. Dann öffnet er uns das Museum mit den Schnitzereien seines Vaters. Der rüstige 82jährige Künstler kommt dazu und präsentiert uns stolz seine Werke. Verschiedenste Vögel und Tiere in diversen Grössen bevölkern das Haus. Geschnitzt aus Ästen und Wurzel, gebrannt oder roh wie sie gewachsen sind. Sein grosser Stolz ist ein Motorrad mit allen Schikanen. Lenker mit Stossdämpfern, Lichter, Kabel. Die Reifen weisen sogar Profil auf. Unglaublich. Zum Schluss schenkt er uns noch ein kleinen, geschnitzten Kolibri.

In der Zwischenzeit sind wir wieder so tief, dass die Temperaturen zurück im angenehmen Bereich sind. Die Wolken hängen nur ganz oben in den Hügeln. Von der Panamericana biegen wir ab auf indigenes Land. Trotz jahrhundertelanger spanischer Besatzung und katholischem Einfluss haben die Ureinwohner von Térraba ihre Spiritualität, ihre Traditionen und ihre Beziehung zur Erde bewahrt. Die etwa 750 Térraba, die hier leben, praktizieren keine bestimmte Religion, sind aber sehr spirituell und haben eine Verbindung zu Mutter Erde und dem Rio Grande de Térraba. Dies erfahren wir bei einer kurzen Wanderung mit Jeffrey hinunter zu Petroglyphen am Fluss. An diesem sakralen Ort erläutert er uns die Ritzungen im uralten Stein; den Kaiman, der Mensch mit Kind und die Spirale, die das Universum verkörpert.

Nach all den Treppen kommen wir verschwitzt wieder oben an. Hier hat sein Bruder bereits eingefeuert, um uns die verschiedenen Schritte der traditionellen Kakao Herstellung vorzuführen. Die Kakaofrucht wird geerntet und geöffnet, um die glitschigen, weissen Samen zu entnehmen. Diese werden getrocknet, geröstet und geschält. Beim Mahlen mit einem Wippstein dürfen Ines und Erika ihr Talent beweisen. Die braune, ölige Masse ist bereits der fertige Kakao. Aufgelöst in heissem Wasser bieten uns die indigenen Männer eine Tasse kräftig dampfende, heisse Schokolade zum probieren an.

Neben Schalen aus Kalebassen und Schmuck aus verschiedenen Samen, präsentieren sie uns but bemalte Masken, geschnitzt aus Balsa- oder Zedernholz und mit Federn geschmückt.

Erst durch Palmölplantagen, dann durch wilden, fast unberührten Regenwald schlängelt sich die Strasse in Richtung Drake Bay. Sehr steile Abschnitte und viele Schlaglöcher lassen unseren Rocky hüpfen und tanzen. Nach 3 Stunden haben wir die 30 km Naturstrasse glücklich hinter uns gebracht. Wir stellen uns auf den Parkplatz des Hotels Margaritha, wo Ines ein tolles Zimmer bezieht. Von ihrem Balkon sehen wir zwar nur knapp auf das Meer, dafür lassen sich Tukane, rote Aras, Caracaras, Leguane, Affen, und anderes beobachten.

Gerade rechtzeitig erfahren wir vom Lichterumzug zum Beginn der Weihnachtszeit. Pickups geschmückt mit farbig blinkenden Leuchterketten fahren die Krippe mit Kindern und die Weihnachtsmänner. Der Umzug wird lautstark begleitet von einer grossen Gruppe Majoretten, Glockenspielern und Trommlern. Die Parade endet vor dem beleuchteten Drake Bay Schriftzug in Strandnähe, wo nach einer finalen Einlage der Trommler und ein paar Ballern die Beleuchtung der Weihnachtskrippe eingeschaltet wird. Ein Schmunzeln geht über unsere Gesichter, denn anstelle von Ochs und Esel schauen ein Faultier und ein Tukan über die Schultern von Maria und Josef.

Um 8:10 Uhr müssen wir uns am Hafen von Drake Bay einfinden, eine halbe Stunde später geht’s los Richtung Corcovado Nationalpark. Der Park hat ein Besucherlimit und da wir keine Reservation haben, ist der Zutritt früher nicht möglich. Wir hoffen, dass die verschiedenen Tiere geduldig auf uns warten. Das Meer ist nicht sehr ruhig, entsprechend schlägt das kleine Boot auf den Wellen. Es gibt eine kurze Erholung, als der Kapitän auf halbem Weg eine kleine Felseninsel umrundet, auf der Braunfusstölpel nisten.

Nach fast eineinhalb Stunden Bootsfahrt, sind wir froh, dass wir beim Parkeingang La Sirena an Land gehen können. Elisabeth, unser Guide, erzählt erst über die Geschichte des grössten Nationalparks Costa Ricas, der sich über etwa ein Drittel der Halbinsel Osa erstreckt. 1975 triumphiert der Naturschutz über die Ausbeutung des profitorientierten US-Unternehmens namens Osa Forest Products, sowie die illegalen Landbesetzer und Goldgräber. Damals schuf Präsident Oduber den Parque Nacional Corcovado, um dieses Naturparadies für kommende Generationen zu bewahren. Heute ist der Park einer der biologisch vielfältigsten Orte der Welt.

Bereits auf den ersten Metern durch den Wald hören und sehen wir hoch oben in den Bäumen Brüllaffen und Klammeraffen. Da es schon später Vormittag ist, sind wenig Besucher unterwegs, aber auch weniger Tiere. Aber wir haben Glück. Bald schon sehen wir einen Ameisenbären und ein Tuberkelhokko Weibchen. Weit hinten ist auch ihr Mann knapp erkennbar. Als sich Elisabeth alleine auf die Pirsch macht, lässt sich über uns ein schöner blaugelber Guayana-Trogon und seine Liebste nieder. Wir gehen weiter dem Rio Claro entlang, vorbei an riesigen Würgefeigenbäumen. Plötzlich taucht eine Gruppe Nasenbären auf und stöbert nahe von uns im Boden nach fressbarem.

In der Rangerstation Sirena werden wir verkostet und dürfen kurz ausruhen. Schon geht es wieder in den Tropenwald. Einige Wege hier sind noch immer recht matschig, eine Erinnerung an den grossen Regen im November. Wieder turnen Affen in den hohen Bäumen. Diesmal sind es Kapuzineraffen. Und nicht viel weiter entdecken wir die niedlichen Totenkopf Äffchen. Netterweise springen sie erst vor uns am Boden herum, bevor sie sich in die Äste verabschieden. Noch fehlt das Highlight des Parks, das grösste Säugetiere Mittelamerikas, der Tapir. Aber Elisabeth kennt sein Versteck nahe des Rio Sirena. Tatsächlich liegt er da im Dickicht. Leise und vorsichtig schleichen wir uns zu dem grossen Tier hin, um es ja nicht zu stören. Zurück am Flussufer entdecken wir auf der gegenüberliegenden Seite ein riesiges Krokodil. Glücklicherweise träumt es gerade in der Sonne.

Nach der anstrengenden Rückfahrt aus dem Corcovado Nationalpark bei recht kräftigem Seegang gestern Nachmittag, lassen wir es heute Morgen langsam angehen. Vom Balkon aus beobachten wir eine Gruppe Affen, die über Kabel, Dächer und Büsche zu den Bäumen hangelt. Einige balancieren völlig sicher, während vor allem die Kleineren versuchen, nicht herunterzufallen. Wir machen uns auf den Drake Trail. Der Wanderweg verläuft abwechselnd über Dschungelpfade und Strände nach Süden. Schöne Buchten laden zum verweilen. Viel vom dichten Tropenwald musste hier leider den Installationen von Resorts weichen. Obwohl sie schön und versteckt angelegt sind, bleiben sie Wunden im üppigen Grün der Natur. So ist es kaum verwunderlich, dass wir ausser fleissigen Blattschneiderameisen kaum Tiere sehen. Vor allem die roten Aras, die hier ansässig sind, lassen sich nicht blicken. Dann hören wir doch noch welche kreischen und gehen auf Pirsch. Ein Pärchen der grossen roten Vögel zeigt sich direkt vor ihrem Eigenheim, einer Höhle in einem Baum.

Der Weg zurück von Drake Bay bereitet uns einige Sorgen. Rocky ist nicht in Form. Der Radsensor hinten links funktioniert nicht. Wohl ein Überbleibsel des Radlagerschadens in Nicaragua. Somit arbeitet auch die automatische Traktionskontrolle nicht, die wir auf dieser Schotterstrasse dringend benötigen. Wenigsten ist der 4×4 schon eingelegt. Gestärkt machen wir uns nach dem Frühstück auf den Weg. Mit „Luft anhalten“ und etwas Zuspruch kommt Rocky dann die steilen und matschigen Abschnitte hoch. Nach zweieinhalb Stunden Geschüttel heisst es: Uff, geschafft! Wir haben wieder Asphalt unter den Rädern.

Eine der runden Schönheiten haben wir bereits vor dem Eingang des Museo Nacional in San José bewundert. Heute möchten wir im Sitio Arqueológico y Museo Finca 6 bei Sierpe mehr über die mysteriösen Steinkugeln erfahren.

Sie haben eine nahezu perfekte kugelrunde Form, reichen von wenigen Zentimetern bis zu zwei Metern im Durchmesser, ihre Oberfläche ist glattgeschliffen. Jahrhundertelang waren sie von dichtem Regenwald bedeckt. Die Spanier glaubten, in ihnen sei Gold versteckt, brachen sie auf und stiessen auf puren Granit. Ende der 1930er-Jahre kamen die Kugeln bei Waldrodungen für die Bananenplantagen der United Fruit Company zum Vorschein. Zahlreiche wurden beim Ausgraben beschädigt und achtlos beiseitegestellt. Wer sie wann herstellte, was sie bedeuten, woher der Granit stammt und wie die runden Kolosse, deren grösste Exemplare bis zu 16 Tonnen wiegen, transportiert wurden sind Fragen, auf die es bis heute nur vage Antworten gibt. Die ursprüngliche Bedeutung der Sphären ist heute nicht mehr zu ergründen, zu viele wurden von ihrem Platz entfernt und zieren heute die Eingänge von Regierungsgebäuden oder Villen im Valle Central.

Wenn sich bei Ebbe im Nationalpark Marino Ballena vor Uvita das Wasser zurückzieht, gibt es eine Fels- und Sandformation frei, die an die Schwanzflosse eines Wals erinnert. Der Name Tómbolo (Walschwanz) ist auch eine Hommage an die Tatsache, dass dies ein Lieblingsplatz der Buckelwale ist. Diejenigen aus Südamerika kommen jedes Jahr von Juli bis Oktober und die aus dem Norden von Dezember bis April, um sich in Costa Ricas warmen Gewässern zu paaren oder zu kalben.

Obwohl noch früh im Zyklus, sollen bereits drei Walmütter mit ihren Jungen in der Bucht sein. So lassen wir uns verführen und buchen eine Walbeobachtungstour. Der Einstieg ins Boot erfolgt direkt am Surferstrand und natürlich hinterlassen die Wellen erst mal nasse Kleider. Kaum sind wir jedoch ein Stück weit auf See, tauchen die ersten schwarzen Buckel aus dem Wasser und fordern unsere Aufmerksamkeit. Einige Boote verfolgen die Tiere und versuchen in möglichst guter Position zu stehen. Bald schon gleicht das Wal Watching leider mehr einer Waljagd. Zum Glück scheint das die Meeressäuger kaum zu stören. Regelmässig tauchen sie kurz auf, erst der grosse Buckel der Mutter, gefolgt vom kleinen des Jungen. Noch sind sie nicht in Springlaune. Erst soll das Baby richtig schwimmen lernen, danach erst wird springen geübt.

Wir gönnen den Walfamilien ihre Ruhe und fahren zur Vogelinsel Isla Ballena, vor der viele Fregatt Vögel segeln. Ein Silberreiher ruht kurz auf einem Felsen, bevor die nächste grössere Welle anrollt. Während wir vor der Insel im Meer schwimmen gehen, fliegt ein Tölpelpaar um uns herum und landet in nächster Nähe im Wasser. Fragt sich, wer denn jetzt wen begutachtet? Der wilden Küste entlang fahren wir zurück zur Playa Uvita, wo die Tour mit einem Sprung in die Surferwellen endet.

Am späten Nachmittag laufen wir zur Walfischflosse. Die Sonne steht bereits tief und erlaubt wunderschöne Fotos mit Spiegelungen im dem Pfützen im Sand. Jetzt bei Ebbe ergibt sich eine schmale Verbindung, auf der wir trockenen Fusses zwischen den Wellen die Felsen der Flosse erreichen können. Wirklich sehen kann man das Naturphänomen jedoch nur aus der Luft.

Ein Verkehrsschild am Strassenrand gibt uns Rätsel auf. Die gelbe Tafel warnt vor Radfahrern mit einer langen Stange auf den Schultern. Entlang der Pazifikküste nach Norden fahren wir kilometerlang durch eintönige Palmölplantagen. Die Palmen stehen perfekt in Reih und Glied. Ab und an kommen wir an einer Verarbeitungsanlage für die Palmfrüchte vorbei. Wir fragen uns wie die Fruchtstände von den teils hohen Palmen geerntet werden. Maschinell kann es nicht sein, denn der Boden der Plantagen ist uneben und kaum befahrbar. Am Ende bringt uns das Verkehrsschild auf die Lösung. Natürlich, mit einer langen Stange werden sie heruntergeholt. Und die Pflücker sind mit dem Fahrrad und dieser Stange unterwegs! Logisch.

Vom Besuch der Blatter Familie in Costa Rica wissen wir, dass es in Quepos ein spezielles Restaurant gibt, das El Avion. Das Restaurant ist um eine Fairchild C-123 herum gebaut, die Teil der Iran-Contra Affäre war, eines der grössten Skandale der 1980er Jahre. Im Rumpf des Transportflugzeugs ist eine originelle Bar eingebaut. Wir stillen einen kleinen Hunger auf der Terrasse mit Ausblick auf das Meer. Neben dem Flugzeug und der Aussicht fasziniert uns vor allem das Geländer der Terrasse. Jede einzelne der handgeschnitzten Sprossen zeigt ein unterschiedliches Naturmotiv.

Bevor wir unser Nachtlager in Tarcoles beziehen, fahren wir zur nahen Krokodilbrücke. Heute ist der Wasserstand bedeutend niedriger als vor ein paar Wochen und die Sonne brennt vom blauen Himmel. Trotz der idealen Verhältnisse wärmen sich nur gerade sechs der riesigen Panzerechsen auf der Sandbank und im seichten Wasser. Ob das November Hochwasser alle andern ins Meer hinausgeschwemmt hat?

Noch immer halten wir Ausschau nach den roten Aras. Ein letztes Mal übernachten wir an der Pazifikküste Costa Rica’s, wo diese Papageien heimisch sind. Das Hotel, in dem Ines untergebracht ist, hat den vielversprechenden Namen „House of the Macaws“. Wir stehen davor unter wilden Mandelbäumen, den Lieblingsfrüchten der Aras. Also die Vorbedingungen sollten passen. Tatsächlich turnen am Morgen einige der grossen Kerle krächzend in den Ästen über uns herum. Freude herrscht.

Kaum sind wir wieder auf der Strasse Richtung San José, steht wieder einmal alles still und keiner weiss warum. Sollte dies bereits der Rückstau von der Krokodilbrücke sein? Bald häufen sich Polizeifahrzeuge mit Blaulicht. Dann folgt ein grosser Tross Radrennfahrer. Schwupps, vorbei. Die Strasse ist wieder frei.

Gleich um die Ecke der deutschen Wursterei Tom Tom in San José liegt das Mariposario Butterfly Kingdom. Nachdem wir unsere Wurstvorräte für die kommenden Festtage aufgefüllt haben, tauchen wir ein in die Wunderwelt der bunten Sommervögel. Der gut gepflegte Garten zeigt eine grosse Vielfalt an costa-ricanischen Schmetterlingen, unter denen der wunderschöne blaue Morpho hervorsticht. Auf den haben wir es vor allem abgesehen. Noch ist es uns nie gelungen, ihn mit geöffneten Flügeln zu fotografieren, wenn das Blau so herrlich schillert. Da er seine Flügel fast nur im Fluge öffnet, ist das auch nicht so einfach. Aber auch wenn wir hunderte von Fotos schiessen, das perfekte Bild ist auch diesmal nicht dabei.

Zum dritten Mal fahren wir hoch zum Vulkan Poas. Die Chance, dass wir dieses Mal in den Vulkankrater schauen können, scheinen recht gross. Während wir am Nachmittag an der Flanke des Berges hochfahren, liegt nur ein kleiner Nebel über dem Gipfel. Während der Fahrt haben wir eine grossartige Aussicht auf San José unten im Central Valley. Wir kommen vorbei an Kaffeeplantagen, aus denen die roten Früchte leuchten, bereit zur Ernte. Lokale Geschäfte verkaufen Erdbeeren und Souvenirs. Unser Tagesziel ist das Poas Volcano Observatory Lodge & Glamping auf 2‘200 Meter Höhe, wo für Ines ein Schmuck eingerichteter Dome bereitsteht.

Nach einer kalten Nacht, vor allem für Ines in ihrer kaum isolierten Kuppel, machen wir uns früh auf zum Eingang des Naturparks Poas. Soweit wir sehen können, ist der Gipfel nebelfrei. Da er sehr hoch im Nebelwald liegt, ist das Wetter jedoch sehr unbeständig. Als wir am Aussichtspunkt ankommen, sehen wir anstelle des grünen Kratersees nur noch eine dichte, weisse Nebelwand. Wir warten und schauen uns schon mal die gut sichtbaren Einschläge in der Terrasse an, verursacht durch Felsbrocken, die der Vulkan bei seinem Ausbruch 2017 ausspuckte.

Ein rollstuhlgängiger Wanderweg durch den Regenwald bringt uns zur Laguna Botos, einem weiteren See in einem inaktiven Krater. Doch auch er versteckt sich unter Nebelschwaden. Zurück beim Hauptkrater hat sich die Sicht kaum verbessert. Wir geben auf. Der Vulkan Poas hat seine Chancen gehabt. Wenn er nicht will, wollen wir auch nicht mehr.

Im Unterschied zu unserer ersten Fahrt über den Poas ist heute wenigstens auf der Strasse gute Sicht, sodass wir die schöne Gegend auf der Durchfahrt geniessen können. Ein erster Halt gebührt dem Wasserfall, der nächste der Familie Nasenbär, die an der gleichen Stelle wir letztes Mal auf die Touristen warten.

Unbedingt zeigen wollen wir Ines das Naturparadies Rainforest Caribbean Sloth in Guápiles. José warten schon auf uns und mit ihm ein Faultier, das in nächster Nähe gemächlich durch die Bäume turnt. Wir schauen erst mal den Vögel vor der Palapa zu. Die meisten kennen wir schon, jedoch sind auch ein paar neue dabei.

Nach dem Eindunkeln führt uns José und sein Sohn in den Garten; Frösche suchen. Da es trocken ist, entdecken wir nur wenige. Wir finden einen Rotaugenfrosch, der jedoch nur zusammen gekauert auf seinem Blatt sitzt und uns seine roten Augen, Orangen Füsse und blauweissen Seiten nicht zeigen will. Als Marcel erwähnt, dass er den Glasfrosch bisher noch nirgendwo gesehen hat, nimmt uns José kurzerhand mit auf eine über zweistündige Nachttour in seinen Wald. Gemeinsam finden wir dort mehrere der quakenden Lurche, darunter auch zwei der seltenen Glasfrösche.

Am nächsten Morgen geht es noch einmal in den Wald. Diesmal wollen wir noch mehr Faultiere sehen. Natürlich weiss José bereits in welchem Baum sie heute sitzen und so bekommen wir einige schöne Exemplare zu sehen. Auch Frösche sind noch einmal ein Thema, es gilt den tagaktiven Bluejean Frosch zu finden. Beim Gang durch seinen Garten zeigt und erklärt uns der Tico wieder allerhand einheimische Pflanzen. Plötzlich erkennt er den Ruf eines Faultiers. Nur wenige Meter über uns bewegt sich eines so gar nicht faul durch die Äste. Was für ein Glück.

Für den Rest des Jahres ist reisefreie Zeit in der Karibik angesagt. Für zehn Tage können wir für Ines ein Zimmer bei Natalie und Ben in Playa Negra mieten. Wir dürfen mit Rocky bei ihnen im Garten stehen und die Annehmlichkeiten des Airbnb geniessen. Leider haben wir uns vom Wetter täuschen lassen. Eigentlich ist in der Karibik im Dezember Regenzeit und so stehen wir des Öfteren im Regen. Auch wenn die Sonne sich nur selten blicken lässt, sind die Temperaturen zumeist angenehm und zumindest viel wärmer als in der Schweiz. Wir laufen im schwarzen Sand von Playa Negra und am goldigen von Playa Grande. Wir schlendern kreuz und quer durch Puerto Viejo und geniessen einen frischen Fruchtdrink in einer Beachbar oder einen Aperol im Banana Azul.

An Weihnachten laden uns Ben und Natalie zu einem Barbeque mit Freunden bei sich ein. Wir steuern Avocadocreme und Schokoladenmousse à la Oma Antonia bei. Auch ohne Weihnachtsbaum und Kerzenschein ein gemütlicher Abend. Dank an alle.

Rocky möchte sich auch wieder einmal bewegen und so fahren wir zum Refugio Nacional de Vida Silvestre Gandoca Manzanillo. Parkplätze und Strassenränder sind überfüllt mit Autos, doch mit Glück finden wir eine Lücke für Rocky. Entsprechend voll ist auch der Strand bis tief hinein in den Park. Die ziemlich kräftigen Wellen scheinen die Festtagslaune der Einheimischen nicht zu trüben. Wir laufen zum berühmten Felsen im Meer beim Mirador Manzanillo. Die vorgesehene grössere Wanderung zum Punta Mona fällt den schlammig matschigen Wanderwegen zum Opfer. Kein Durchkommen.

Auf dem Nachhauseweg besuchen wir die Grossen Grünen Aras in der Wiederansiedlungsstation „Ara Manzanillo“, wo uns Dank der Tourguide Erfahrung von Ines auch ohne Reservierung Einlass gewährt wird. Bei unseren Aufenthalten auf Punta Uva sind diese Aras öfters vorbeigeflogen. Hier in der Station können wir diese aussergewöhnlichen Vögel in ihrem natürlichen Lebensraum aus der Nähe betrachten. Ein Paar sitzt in den Ästen gleich neben uns, eines schmust zusammen vor dem Nistkasten, während andere über uns hinwegfliegen.

Schon ist es Zeit Lebewohl zu sagen. Wir bedanken uns bei Natalie und Ben für Ihre Gastfreundschaft mit einem feinen Nachtessen im Restaurant Colores in Manzanillo. Danke ihr beiden, wir haben uns bei euch sehr wohl gefühlt.

Für die restlichen Tage von Ines Besuch ziehen wir in ein kleines Häuschen in Cahuita, das wir für uns drei gemietet haben. Auf der grossen gedeckten Terrasse des Casa Hublot geniessen wir den Rest des Jahres. Der Ort Cahuita hat nicht viel zu bieten. Ein paar kleine Häuser, ein paar Cabañas für die Touristen, ein Einkaufszentrum, eine Strasse mit Restaurants und Souvenirshops. Nicht viel mehr, ausser einem langen, schwarzen Sandstrand, der sich kilometerweit nach Norden zieht.

Und natürlich ist da der Eingang in den Cahuita Nationalpark, in dem wir noch einmal auf Entdeckungsreise gehen. Und es fängt gut an. Bereits beim Eingang hängen 2 Faultiere in den Bäumen, eines davon mit Baby auf dem Bauch. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, ob wir noch weitere Tiere sehen werden, denn grosse Gruppen von anderen Touristen blockieren den Weg. Auch die Guides sind heute nicht sehr kooperativ zu nichtzahlenden Besuchern. Vor einer Greifschwanz-Lanzenotter meint ein Guide zu Marcel: „Du kannst weitergehen, es gibt nur Blätter und Blumen zu sehen“. Wir lassen uns nicht täuschen und sehen eine leuchtend gelbe und eine grüngraue Version der ziemlich giftigen kleinen Vipern. Daneben haben sich aber die meisten Tiere in ruhigere Ecken des Parks zurückgezogen. Noch eine Faultier Mutter mit Kind kreuzt unseren Weg und die niedlichen Fledermäuse hängen am selben Baumstamm wie vor ein paar Wochen.

Auf dem Rückweg heisst es dann: „Die Affen rasen durch den Wald“. Eine grosse Familie von Brüllaffen zieht gemeinsam mit uns durch den Wald, so dass wir ihre Künste immer von neuem bewundern können. Wo immer wir denken, jetzt endet ihr Weg in den Baumkronen, angeln sie sich ein kleines Ästchen und schwingen sich weiter.

Am Ausgang lässt uns eine freundliche Dame hinter die Absperrung. Wie gehofft, sonnt sich dort wieder der Kaiman im Wasser und der grosse Leguan auf dem Ast. Zudem sitzt ein grosser Amazon Kingfisher in photogener Pose in der Nähe und zwei Reiher stapfen durch den Sumpf. Gut haben wir uns an die Ecke erinnert.