Guatemala III – El Salvador – Honduras


01. Juli bis 02. August 2024

Wir geben dem Vulkan Fuego eine 2. Chance. Nach angeregter Diskussion mit dem lokalen Reisebüro sieht auch der ein, dass wir für den 2. Versuch nicht mehr den ganzen Betrag bezahlen müssen. Allerdings wechseln wir den Tour Veranstalter. Dieser hat oberhalb der kritischen Stelle weitere Fahrzeuge abgestellt. Mit dem ersten Auto fahren wir bis zum matschigen Steilhang, welchen wir letzten Samstag nicht erklimmen konnten. Hier geht es für uns 10 Minuten zu Fuss hoch, bevor wir oben mit einem anderen Geländewagen weiterfahren. In einer wilden Fahrt, in scheinbar rasantem Tempo (in Wirklichkeit ist es eher langsam), geht es über Stock und Stein, durch Wasserrinnen und grosse Löcher weitere 1’000 Höhenmeter steil bergan. Obwohl wir uns festklammern, wo auch immer wir Halt finden, werden wir tüchtig in der Kabine hin und her geworfen und schlagen mehr als einmal den Kopf an. Wie das nur unser Führer hinten auf der Pritsche überlebt? Gewohnheit oder Übung?

Auf 3’600 Meter Höhe geht auch für uns die Wanderung los. Zusammen mit vielen fitten Touristen, die fast 2’000 Höhenmeter zu Fuss hinter sich haben, laufen wir eine fast ebene Strecke durch den Nebel zum Base camp. Verteilt schmiegen sich verschiedene Gruppen von kleinen, einfachen Unterkünften an den Abhang des Acatenango. Wir richten uns für die Nacht ein. Es ist kalt. Elmar, unser Führer, schenkt einen heissen Tee aus und macht uns ein Feuer. Und die Sicht wechselt schnell. Mal löst sich der Nebel auf, der Fuego erscheint, nur um sich schon bald wieder zu verschleiern. Aber der Vulkan zeigt uns auch was er kann. Mit lauten Getöse speit er immer mal wieder eine dunkle Wolke hoch in den Himmel. Von all den Beobachtern in den Base Camps werden die Eruptionen mit entzückten Freudenschreien begrüsst. Es dunkelt langsam und der Feuerberg ist bald nur noch in seinen Umrissen zu erkennen. Seine Ausbrüche verwandeln sich in ein Feuerwerk. Goldene Lava spuckt hoch, rotglühende Steinbrocken purzeln weit den Abhang hinunter. Warm eingehüllt sitzen wir auch nach dem Abendessen noch lange auf der Terrasse und erfreuen uns am Feuerzauber. Es fühlt sich unwirklich an, heisse Schokolade zu trinken, während direkt vor uns Lava, Gestein und Asche aus dem Vulkan explodieren.
Einmal in der Hütte, eingehüllt im warmen Schlafsack, wollen wir nicht schlafen. Immer wieder strecken wir den Kopf hoch, um das spektakuläre Schauspiel von Mutter Natur zu beobachten.

Als morgens um 3 Uhr der Wecker klingelt, ist alles dicht im Nebel. Der Aufstieg auf den Acatenango fällt aus, wir dürfen noch etwas im warmen Bett bleiben. Lange hält es uns trotzdem nicht mehr. Es wird bald heller und klart auf. Antigua ist zu sehen. Die Sonne kommt hinter dem Vulkan Agua hoch. Und Fuego pafft seine Wolken in den Himmel, manchmal können wir sogar jetzt bei Tageslicht die glühende Lava erkennen.
Nach dem Frühstück wandern wir zurück mit super Aussicht ins Tal. Bald sitzen wir wieder im Fahrzeug und die Höllenfahrt beginnt von neuem, diesmal kopfüber nach unten. Unser Fahrer nimmt’s locker. Es reicht sogar für eine angeregte Unterhaltung mit der attraktiven Beifahrerin, inklusive Handgesten und Blickkontakt. 2 Stunden dauert die Schüttelfahrt, die letzten Kilometer auf dem Kopfsteinpflaster von Antigua, dann kommen wir wohlbehalten bei Rocky an. Müde, aber überglücklich vom grossartigen Erlebnis so nahe am Feuerberg Fuego.

Das Lieblingseis von Erika ist Häägen-Dazs Macadamia Nut Brittle. Und seit unserem Besuch auf der Valhalla Macadamia Farm bei San Miguel Dueñas wissen wir alles über die wohl teuerste Nussart der Welt. Der Baum, der sie hervorbringt, stammt ursprünglich aus Australien. 7 bis 10 Jahre dauert es, bis er Früchte trägt. 150 Jahre alt kann er werden, und das ist gut, denn Macadamiabäume können grosse Mengen CO2 binden. Die Farm hat nicht nur ihre eigenen Bäume, sie züchtet auch Jungpflanzen und gibt sie an die umliegenden Bauern. Der Anbau von Macadamia schafft dort das ganze Jahr über Arbeitsplätze und wirtschaftliches Einkommen. Zudem kann das Pflanzen der Bäumen helfen, Erosion zu verhindern.
Die reifen Nüsse werden nicht gepflückt, sondern nur vom Boden aufgelesen. Nach zwei Trocknungsphasen verarbeitet sie die Farm zu Mehl, Butter, Hautcremen oder Oel. Natürlich werden sie auch als ganze Nüsse verkauft. Sie sind reich an Nährstoffen wie Eiweiss, gesunden Fetten, Phosphor, Kalzium, Magnesium, Vitaminen sowie Ballaststoffen und damit sehr gesund. Zum Ende der Führung durch die liebevoll gestaltete Farm, dürfen wir auch probieren.

In Guatemala City wollten wir Propangas auffüllen. Das Navi führt uns in eine schmale Gasse. Da sollen wir nach rechts abbiegen. Geht nicht, von weiten sehen wir ein tiefliegendes Rohr quer über den Weg. Also geradeaus. Aber hier ist nach ein paar Metern ebenfalls Schluss, wir kommen nicht um die Ecke. Der einzige Ausweg ist rückwärts auf die Schnellstrasse zurück. Doch jetzt verhängen sich die gelb-weissen Girlanden an unseren Dachaufbauten. Marcel steigt aufs Dach um sie zu lösen. Der Rest wird auf Anweisung der bereits zahlreich anwesenden Bewohner kurzerhand abgeschnitten. Schweisstreibend versuchen wir an einer etwas breiteren Stelle zu wenden, Zentimeterweise vor und zurück. Keine Chance, wir sind einfach zu lang. Dann öffnet sich vor uns ein grosses Tor zum vermeintlichen Glück im Unglück, ein wunderbarer Wendeplatz liegt vor uns! Doch, der beflissene Wachmann verweigert uns den Zugang. Zum Glück fährt gerade die Besitzern vor und regelt das für uns. Aufatmen, danke liebe Frau. (Leider versagt unsere Dash Cam zur Zeit ihren Dienst, sodass wir von der ungemütlichen Situation keine Aufnahmen haben.)

Das mit dem Gas vergessen wir für heute und fahren direkt zu unserem Übernachtungsplatz, der Cabana Suiza. Hier haben die Geschwister Senn, ausgewanderte Schweizer in dritter Generation, aus der Hühnerfarm ihres Grossvaters ein kleines Paradies geschaffen. Es gibt ein Hotel, eine Eventhalle, ein Restaurant, zwei Kühe aus Plastik und sogar einen Helikopter Landeplatz. Wir dürfen uns auf die Wiese stellen, direkt neben den Wasserturm mit dem grossen Schweizerkreuz. Das Restaurant St. Gallen hat leider schon geschlossen. Trotz viel Vorfreude fällt somit die Kalbsbratwurst mit Rösti aus. Gut haben wir noch Raclettekäse im Kühlschrank. So geniessen wir einen Schweizer Abend im Restaurant Rocky.

Nach einem Schweizer Frühstück lassen wir uns mit Uber nach Nueva Guatemala de la Asunción fahren. So heisst Guatemala City nämlich mit offiziellem Namen. Die bevölkerungsreichste Stadt Zentralamerikas ist ein Moloch. Breite Schnellstrassen, die immer verstopft sind, gesäumt von Kleinunternehmen, Werkstätten, Läden und amerikanischen Fastfoodketten. Im Hintergrund liegen eher ärmliche Quartiere bis hin zu Blechhüttensiedlungen am Abhang. Die Hauptstadt Guatemala-Stadt hat nicht ohne Grund den Ruf, die gefährlichste Stadt in Mittelamerika zu sein. Wir wollen uns deshalb nur im historischen Zentrum umschauen.
Der ideale Ausgangspunkt dafür ist die Plaza de la Constitución. Wir gehen zuerst durch den Arkadengang des Portal del Comercio, in dem die Guatemalteken in den Geschäften und an den Ständen wetterunabhängig entspannt bummeln und shoppen. Obwohl das Gebäude längst seinen Zenit überschritten hat und an mancher Stelle etwas morbide daherkommt, so versprüht es noch immer einen ganz besonderen Charme.

Auf der gegenüberliegenden Seite des Parque Central protzt der prunkvolle, monumentale Palacio Nacional de la Cultura. Seine prunkvolle, grüne Kunststeinfassade mit den verzierten Säulen wirkt in Anbetracht des armen Landes beinahe schon dekadent. Der Nationalpalast beherbergte einst die Exekutive des Landes. Er wurde auf Befehl von Präsident Jorge Ubico von Gefängnisarbeitern erbaut und 1943 fertiggestellt. Viele der 350 Räume sind für die Öffentlichkeit gesperrt. Doch diejenigen, die wir während einer Führung besichtigen, sind beeindruckend. Über der Sala de Recepción hängt ein grosser Kronleuchter aus böhmischem Kristall, auf dem Quetzales aus Messing und Gold thronen. Ein zweiter Kronleuchter, dieser aus massivem 18-karätigem Gold, schmückt die Sala de Banquetes. 1980 zerschmetterte eine Autobombe die Buntglasfenster im zweiten Stock, die ironischerweise die 10 Tugenden einer guten Nation dargestellt hatten. Wie die Tugenden der Nation selbst wurden die meisten Fenster rekonstruiert.
Im westlichen Innenhof, dem Patio de la Paz, befindet sich das Friedensdenkmal, in Erinnerung an den 1996 geschlossenen Friedensvertrag zum Ende des 36jährigen, blutigen Bürgerkriegs. Das Denkmal besteht aus einem Sockel mit sechzehn ineinander verschlungenen Armen, die das vereinte Volk symbolisieren und das Gewicht der Freiheit tragen, das durch einen Steinblock repräsentiert wird. Über dem Sockel erheben sich zwei linke Hände, die zum Himmel gerichtet sind und eine frische, weisse Rose halten. Jeden Tag um 11:00 Uhr morgens wird die Rose gewechselt. Das Ziel des Rose Change ist es, die Bedeutung der Friedensabkommen hervorzuheben und sich für einen festen und dauerhaften Frieden in Guatemala einzusetzen.

Im Osten wird der Park von der grossen Catedral Metropolitana umrahmt. Zwei imposante Glockentürme dominieren den Eingang ins Innere der Kathedrale. Dort befindet sich eine Fülle an Kunstschätzen, die nach der Zerstörung der Stadt Antigua in die neue Hauptstadt Guatemala-Stadt gebracht wurden. Da gerade Gottesdienst gefeiert wird, ist fotografieren verboten.
Wir gehen auf Entdeckungsreise im Mercado Central direkt hinter der Kathedrale. Verwinkelte Gänge werden gesäumt von einer langen Reihe von kleinen Verkaufsständen, an denen Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs verkauft werden. Ein weiteres Stockwerk dient ausschliesslich der Handwerkskunst, die sich natürlich nicht von derjenigen in Chichicastenango oder Antigua unterscheidet.
Wir haben es gesehen. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und über die Schönheit einer Stadt wie Guatemala City allemal. Sicherlich lässt sich Guatemala-Stadt nicht mit dem Charme der Kolonialstadt Antigua vergleichen. Dennoch gibt es in der guatemaltekische Hauptstadt so manches Juwel zu entdecken.

Einen Abstecher wollen wir aber noch machen. Nördlich des historischen Zentrums gibt es eine einmalige Reliefkarte zu sehen. Die Mapa en Relieve ist eine grosse, beeindruckend genaue 3D-Nachbildung des gesamten Landes Guatemala auf einer Fläche von 52 x 52 Metern. Es stellt die grossen Städte, Vulkane, Flüsse, Seen, Hochebenen und Täler im Massstab 1:10’000 für die horizontale und 1:2’000 für die vertikale Ausdehnung dar. Das ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass das Relief vor mehr als 100 Jahren erstellt wurde, ohne die Hilfe von Satelliten und moderner Technologie. Leider kommen wir zu spät, die Tore sind bereits geschlossen. So können wir nur ein paar Blicke durch den Zaun auf das herrliche Kunstwerke werfen.

Nur kurz fahren wir wieder einmal auf der offiziellen Carretera Panamericana. Nach einer Zwischenübernachtung bei den sehr freundlichen Feuerwehrleuten der Estacíon 60 de Bomberos Municipales in Jalpatagua, führt unser Weg durch saftiges Farmland und ursprünglichen Regenwald zur salvadorianischen Grenze. Die Abmeldung auf der guatemaltekischen Seite ist schnell erledigt. Schon fahren wir auf der Puente El Jobo über den Grenzfluss Río Paz nach El Salvador.
Hier dauern die Grenzformalitäten etwas länger, aber dann heisst es: Bienvenidos in El Salvador, dem kleinsten Land in Zentralamerika.

EL SALVADOR

Nur wenige Kilometer hinter der Grenze zweigen wir ab auf die Ruta de Flores. Die Strasse führt in engen Kurven steil nach oben. Es ist nicht die richtige Zeit für Blumen und nicht das richtige Wetter für Fernsicht auf die hier zahlreichen Vulkane. Die Vielfalt von üppigem Grün der unterschiedlichsten Bäume, Büsche, Farne und Palmen, die Baumriesen, die aus dem Nebelwald schauen und dazwischen die Abhänge mit geometrisch angelegten Kaffeeplantagen lassen diese Route trotzdem zu einem speziellen Naturerlebnis werden. Ein LKW, mit Bruchsteinen hoffnungslos überladen, erklimmt vor uns die Hügel. Er kommt kaum vorwärts, dafür sind die Wolken aus seinem Auspuff umso schwärzer. Mit europäischem Fahrstiel ist das Überholen auf der kurvigen Strassen nur selten möglich. Und danach halten wir an einem Aussichtspunkt an, sehen alle Bergspitzen in den Wolken und geben dem langsamen LKW die Chance, wieder an uns vorbeizuziehen.
Überraschend schnell kommen wir im Bergdorf Juayúa an; in dem kleinen Land liegt halt alles nahe beieinander. Die schmucke Kirche, der gut gepflegte Park mit Springbrunnen und der obligate Markt in den Stassen muss warten, wir wollen uns zuerst eine lokale Prepaid SIM-Karte besorgen. Obwohl der Vorgang als unkompliziert angekündigt war, müssen unzählige Formulare im PC und – wohl zur Sicherheit – auf Papier ausgefüllt werden. Als wir endlich wieder aus dem Shop herauskommen, regnet es in Strömen. Nur kurz durch den mit Blechen und Planen gedeckten Touristenmarkt. Tropfnass kommen wir bei Rocky an, der in der Zwischenzeit in einer matschigen Pfütze steht.
Der Ursprung des Namens Juayúa ist übrigens nicht zu 100 % geklärt. Die einen deuten auf eine Ableitung von Xuayúa, dessen Bedeutung auf Spanisch «Fluss der violetten Orchideen» ist. Eine andere Version weist darauf hin, dass es sich um das pluralisierte Wort Yuat handelt, dessen Bedeutung «tiefes Wasser» oder «Wasser der Tiefe» ist. Eine dritte Version besagt, dass es «wo Bäume stehn» oder «Im Hain“ bedeutet. Für uns scheint die zweite Deutung naheliegend.
Uns reicht’s, wir fahren zu unserem Übernachtungsplatz auf der Granja Don Alvaro, einem Eco Bauernhof ganz in der Nähe. Kaum haben wir Rocky abgestellt, beginnt es wieder wie aus Kübeln zu regnen. Na ja, es ist Regenzeit in Zentralamerika. Rechtzeitig zum Abendessen ist es wieder trocken, den die Farm betreibt auch ein eigenes, keines Restaurant. Durch einen Irrgarten von grossen Wasserlachen schlängeln wir uns zu den Tischen und geniessen die Nationalspeise von El Salvador, Tortillas gefüllt mit Käse, Bohnenmus oder Fleisch = Pupusas.

Chorro de la Calera, eine Felsformation mit verschiedenen Wasserfällen, zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Wir stellen Rocky am Ortsrand von Juayúa ab und laufen auf dem aufgeweichten Erdweg in Richtung der bekannten Attraktion. Ein Arbeiter bessert mit einer einfachen Hacke den ausgespülten Pfad aus. Er klärt uns auf, dass wir nicht weiter dürfen. Die Wasserfälle liegen auf Privatgrund und sind nur mit Führer zugänglich. Na dann eben nicht, Wasser hatten wir hier schon genug.
Es ist bereits Nachmittag, als wir auf dem erloschenen Vulkan Cerro Verde ankommen. Über 2’000 Meter ist er hoch und gerade mal 13 km von Juayúa entfernt. Wir haben über 2.5 Stunden für die 65 km auf der Strasse gebraucht. Nebelschwaden ziehen den Hang hinauf. Sie verdecken mehr und mehr die Sicht auf die nahen Vulkane Izalco und Ilamatepec, besser bekannt als Vulkan Santa Ana. Morgen wollen wir den Aufstieg auf den Santa Ana in Angriff nehmen. Jetzt zeigt sich am Aussicht Punkt nur noch dicker weisser Nebel. Es donnert und bald darauf prasselt es los. Regenzeit!

Heute steigen wir zum Frühsport auf den Vulkan Santa Ana. Der Santa Ana ist mit einer Höhe von 2’381 Metern über dem Meeresspiegel der höchste Vulkan in El Salvador. Seine letzter Ausbruch fand 2005 statt. Seither ist er friedlich, wird aber ständig beobachtet. Um Viertel vor Acht starten wir mit unserer Führerin Carla auf den 3.5 km langen Aufstieg zum 460 Meter höher liegenden Aussichtspunkt des Vulkankraters. Behende springt die junge Frau uns voran. Am Eingangshäuschen werden wir durchgewunken, Personen über 60 haben freien Eintritt. Das erste Drittel des Santa Ana Trails führt durch tropischen Bergnebelwald, danach folgt eine Zone mit niedrigen Büschen und blühenden Agaven. Das letzte Drittel ist das anstrengendste, gilt es doch über ein Lavafeld aufzusteigen. Nach etwas über 2 Stunden stehen wir am Kraterrand und blicken hinunter auf die charakteristische grüne Schwefellagune. An vielen Ecken sprudelt und raucht es. Der Schwefelgeruch ist deutlich riechbar. Auch die Aussicht ist phänomenal. Kein Nebelchen trübt die Sicht auf die Vulkane Izalco und Cerro Verde, den Kratersee Laguna de Coatepeque und weiter bis zum Meer. Carla zeigt uns in der Ferne drei weitere aktive Vulkane von El Salvador. Wir geniessen den Augenblick und die Ruhe, denn wir sind die ersten und einzigen Touristen hier oben. Nach 30 Minuten geht’s wieder abwärts, denn länger darf man nicht bleiben. Warum? Vorschrift!? Während dem Abstieg kommen uns dann gruppenweise Vulkanbesteiger entgegen. Ja, der frühe Vogel fängt den Wurm.

Mit dem Womo fahren wir noch einmal 1’300 Meter hinunter bis zum saftig grünen Talboden. Unterwegs sehen wir das wohl längste Maisfeld der Gegend. Über mehrere Kilometer wurden zwei, drei Reihen direkt am Strassenrand angepflanzt. Zuckerrohr beherrscht die Ebene. Und auf der anderen Seite des Tals geht es auch schon wieder hinauf. An den steilen Hängen werden verschiedene Pflanzen auf schachbrettartig angelegten Feldern kultiviert. Dazwischen immer wieder ursprünglicher Regenwald mit Baumriesen. Irgendwo dazwischen schlängelt sich die schmale Strasse hoch. Um Haarnadelkurven, durch enge Dörfer und über aufgerissene Strassenbeläge bringt uns Rocky in die Höhe, um darauf gleich wieder bis zum Meer hinunter zu kurven.
Zwei Nächte verbringen wir an die schwarzen Lavasandküste von El Salvador. Erst haben wir einen Stellplatz direkt an der Felsküste bei Taquillo. Die hoch aufspritzende Gischt reicht fast bis zu uns. Ein heftiger Gewittersturm zu Beginn der Nacht lässt uns aber schleunigst in die hinteren Ränge flüchten.

Weiter südlich, im Sol Bohemio in San Blas, finden wir am nächsten Morgen einen weitaus ruhigeren Platz bei veränderter Szenerie. Die Pazifikküste von El Salvador ist nämlich ein Surfer Hotspot. Hier sitzen Surfer auf ihren Brettern und warten auf ihre Welle. Familien tummeln sich nahe dem Wasser im Sand und lassen sich von den heranrollenden Wellen spülen. Nach einem Strandspaziergang legen wir uns in die Hängematten im oberen Stock der Strandbar, dem besten Platz um das Strandleben zu beobachten.

Nur eine Stunde Fahrt sind es vom Meer nach San Salvador, der Hauptstadt und bevölkerungsreichsten Stadt der Republik El Salvador. 5.5 % der gesamten Landesbevölkerung leben hier. Das Hotel Real International bietet uns Gastrecht auf seinem Parkplatz und mit seinem Rodizio Restaurant eine interessante Alternative fürs Abendessen. Wir wollen uns die Stadt bei einer Free Walking Tour anschauen. Mit Dave haben wir einen Guide gefunden, der uns mit seinen lebendigen Geschichten mitnimmt in die Vergangenheit und Gegenwart seiner Stadt und seines Landes. Vieles hat sich in den letzten Jahren verändert, seit der junge Präsident Nayib Bukele an der Macht ist. Einiges zum Guten, anders eher nicht.
Wir beginnen unsere Tour am Parque Cuscatlan und durch das Krankenhausviertel zur Kirche Sagrado Corazon. Interessantes Detail, eines der älteren Krankenhäuser und die Kirche wurde komplett aus Stahl gebaut, inklusive der Fassaden aus Blech. An Strassen und Seitenstrasse reiht sich nun ein Marktstand an den andern. Für uns stellt sich die Frage, wer hier erfolgreich etwas verkaufen kann, denn das Sortiment ist sehr eingeschränkt. Die gleichen Kleider aus Synthetik, die gleichen Schuhe, die gleichen Handyhüllen. Die ganzen chaotischen Stände sollen übrigens von den Strassen verschwinden. Die Regierung will eine aufgeräumte Innerstadt und hat eine riesige, sichere, klimatisierte Markthalle gebaut, in die sich die Händler für kleines Geld einmieten können. Ob in der kalten Halle einst die gleiche Marktstimmung erlebbar sein wird?
Wir gelangen zum Kilometer 0 im historischen Zentrum. Kolonialbauten sucht man hier vergebens. Nach schweren Erdbeben, zuletzt 1986 wurde die Innenstadt mit modernen Regierungsgebäuden und malerischen Parks und Plätzen wieder aufgebaut. So befinden sich der Nationalpalast, die Metropolitan Kathedrale, die moderne öffentliche Bibliothek – gespendet von den Chinesen! – und das Teatro Nacional um die Plätze Gerardo Barrios, Morazan und Libertad.

Die Hauptattraktion im Herzen von San Salvador ist aber die Rosario-Kirche. Von aussen nur eine graue Kuppel, zeigt sie von Innen die Schönheit moderner Architektur. Bei Sonnenuntergang erfüllen die Buntglasfenster in der Kuppel den ganzen Raum mit warmen Farben. Es ist ein wunderbares Kunstwerk des salvadorianischen Bildhauers Rubén Martínez. Die Kirche El Rosario ist ein Ort, an dem sich Religion, Geschichte und Kunst vereinen.

Zurück an der Plaza Gerardo Barrios steht die Banda El Salvador in ihren schmucken blau-weissen Uniformen auf der Bühne vor dem Palacio National. 600 junge Musiker im Alter von 12 bis 24 Jahren aus allen Regionen El Salvadors spielen auf, geleitet von 4 Dirigenten. Und es tönt richtig gut. Zum Abschluss des Konzerts erhellt ein buntes Feuerwerk den Nachthimmel.

75 km südöstlich der Hauptstadt – Luftlinie, wir fahren fast 200 km – im Berggebiet von Zentral-Nord-Usulután, liegt auf 1’050 Meter über Meer eine kleine Stadt mit etwa 18’000 Einwohnern: Berlin, El Salvador, gegründet von einem Deutschen namens Serafín Brennen, nachdem er angeblich einen Schiffbruch vor der Küste überlebt hatte. Da müssen wir natürlich hin, wir riechen schon von weitem Kaffee und Kuchen, Käsesahnetorte.
Doch es ist nicht immer alles drin was draufsteht. Zwar ist das Motto «Stadt der frischen Kaffeepflanzen», was wir bestätigen können, doch der Ort hat sicher schon bessere Zeiten erlebt. Schon das Ortschild wirkt etwas blass. Ein in die Jahre gekommener Dorfplatz mit verblichenen Deutschen Farben, ein paar schöne Murials in den Gassen, ein paar Restaurants mit Aussicht. Das war es. Keine Käsesahnetorte.

Nahe bei Berlin liegt die Laguna Alegria, ein smaragdgrüner, von heissen Quellen gespeister See mitten im Krater des schlafenden Volcán de Tecapa. Wir stellen das Fahrzeug für die Nacht am Ufer ab und tanken Grün beim Umkreisen des friedlichen Sees. Im Grün des Sees spiegelt sich das Grün der Bäume am Abhang des Kraters. Doch so ganz ungefährlich ist es hier nicht. Denn in den Tiefen des Wassers lebt die Meerjungfrau Xiri, die Männer verzaubert. Wenn ein Mann in der Lagune badet und die Meerjungfrau sich in ihn verliebt, fängt sie ihn ein und bringt ihn auf den Grund, sagen die Einheimischen. Nach ein paar Tagen lässt sie ihn frei und er kehrt leblos an die Oberfläche zurück. Na ja, das giftig grüne Wasser ladet eh nicht zum Bade.

In Mittelamerika ist es immer ratsam, sich die geplante Tagesetappe jeweils etwas genauer anzusehen, sonst landet man plötzlich irgendwo im Nirgendwo, beziehungsweise auf einer Strasse, die die Bezeichnung nicht verdient. Es führen viele Wege nach Suchitoto und wir haben uns eine Nebenstrasse ausgesucht, die gemäss den Satellitenbildern auf Google Maps durchgehend asphaltiert ist. Vor der geplanten Abfahrt von der Carretera Panamericana weisst ein Schild zur Laguna de Apastepeque. Spontan zweigen wir ab auf die frisch geteerte, breite Strasse zum See. Von der schönen Strasse geblendet, fahren wir nach kurzem Check der offline Karten weiter ins nächste Dorf. Hier hätten wir wenden sollen, denn auf den nächsten 20 km wird die Strasse mehr und mehr zum ausgewaschenen Feldweg durch die Wildnis. Trotz ein paar recht schlimmen Passagen meistert Rocky die Strecke problemlos. Nach fast 2 Stunden haben wir wieder Asphalt unter den Rädern. So was brauchen wir so schnell nicht wieder.

Die verdiente Pause genehmigen wir uns an der Cascada Los Tercios. Der Wasserfall fliesst über hoch aufragende Basaltsäulen, die sich vor Jahrhunderten durch vulkanische Aktivitäten in der Gegend gebildet haben. Eine abenteuerliche, aber lohnende kleine Kletterpartie führt über Basaltbrocken zum Fuss des Falls. Die seltsamen Felsformationen bilden eine einzigartige Kulisse vor dem Dschungel, speziell jetzt in der Regenzeit, wo viel Wasser fliesst.
Oben bietet ein Aussichtpunkt einen fantastischen Ausblick auf den Suchitlán-See. Ein grosser Teil des Stausees ist mit wilden Seerosen bedeckt. Dieses Phänomen sieht zwar schön aus, wie eine hellgrüne Decke, die im Tal schwimmt, ist aber schädlich für die lokale Wirtschaft. Die Seerosen entziehen dem Wasser Sauerstoff und verhindern, dass Boote über den See fahren können.

Der zentrale Platz von Suchitoto bietet eine postkartenreife Kulisse. Farbenfrohe Geschäfte und Restaurants säumen den mit Bäumen und Brunnen übersäten Platz, während die unglaublich weisse Kathedrale stolz über der gesamten Szenerie thront. Wenn man bedenkt, wie häufig die Stadt während des salvadorianischen Bürgerkriegs in den 1980er Jahren angegriffen wurde, ist die Kolonialarchitektur in bemerkenswertem Zustand. Die farbenfrohen Gebäude erinnern uns an Antigua in Guatemala, auch wenn sie nicht so gut erhalten sind.

Indigo war einst El Salvadors grösste Industrie. Bis heute stammt ein Teil des hochwertigsten Indigos der Welt aus der Gegend um Suchitoto. Als ein deutscher Chemiker jedoch eine künstliche Version erfand, brach die Industrie fast vollständig ein. Glücklicherweise haben viele Einheimische die Tradition am Leben erhalten und produzieren bis heute natürlichen Indigo. Alles wird nach traditionellen Methoden gefärbt und das Indigo wird vollständig vor Ort produziert. Der Indigofarbstoff ist ein Farbstoff natürlichen Ursprungs , der zum Färben von Kleidung und anderen Stoffen verwendet wird. Es wird aus der Pflanze Indigofera tinctoria gewonnen und ist für seinen charakteristischen dunkelblauen Farbton bekannt. Heute hat die weltweit gestiegene Beliebtheit natürlicher und biologischer Produkte zu einer erneuten Indigo-Nachfrage geführt. El Salvador steigt derzeit schnell zu einem der grössten Produzenten auf. Die Ironie des Schicksals, Deutschland ist der grösste Importeur!

Kurz vor der Grenze zu Honduras passieren wir das La Palma. Das Dorf ist berühmt für seine Naive-Kunstdesigns, eine Schöpfung des salvadorianischen Malers Fernando Llort. Der Künstler hat den Bewohnern der Gemeinde „naive“ Kunst beigebracht, eine Technik, die im Wesentlichen darin besteht, Momente des täglichen ländlichen Lebens sowie die typische Flora und Fauna darzustellen. Von vielen Häuserfronten leuchten die Kunstwerke. Leider gibt es keinen guten Platz zum Parken. So fahren wir ein zweites Mal durch die Einbahnstrasse und bestaunen die Kunstwerke aus dem Fahrzeug.

HONDURAS

Der Grenzübertritt bei El Poy verläuft schon beinahe routinemässig. Abmelden in El Salvador, anmelden in Honduras. Etwas schwieriger wird die temporäre Einfuhr von Rocky. Zuerst für uns, um das Gebäude der Zollbehörde zu finden, danach für den Beamten, um all die notwendigen Formulare auszufüllen. Natürlich wird alles wieder auf Papier und im Computer festgehalten. Zur Sicherheit macht er dann von allem noch ein Foto mit dem Handy und sendet es per WhatsApp irgendwohin. Doch was lange währt, wird endlich gut. Wir hatten während der Wartezeit unseren Spass, den Rangierfähigkeiten der LKW-Fahrer zuzusehen, die auf engstem Raum ihre grossen Brummer bewegten.

Dann heisst es erst einmal, sich an die Strassen und Fahrweise in Honduras zu gewöhnen. Sie kommen uns auf unserer Seite entgegen, auf der sehr kurvenreichen Strecke. Kein Wunder, gibt es doch alle paar Meter ein tiefes Schlagloch. Streckenweise fehlt der Asphalt ganz. Auch wir fahren gezwungenermassen Slalom und werden dabei rechts wie links überholt. Eigentlich ist es eine landschaftlich schöne Strecke durch die Berge. An den Hängen kleben bis hoch hinauf Kaffee Plantagen, dazwischen wird Mais gepflanzt. Jeder kleinste Fleck ist ausgenutzt. Aber für den Fahrer heisst es vollste Konzentration auf die Strasse. Schon die kleinste Unaufmerksamkeit macht sich meist mit einem Hopser von Rocky bemerkbar. Da war wohl wieder eines der Löcher.

So brauchen wir für die 72 km bis Santa Rosa beinahe 3 Stunden. Im schmucken Kolonialstädtchen vertreten wir uns etwas die Beine und sammeln neue Konzentration, bevor es weiter geht.

Nach weiteren 50 km kurviger Strasse, diesmal mit etwas weniger Schlaglöcher, treffen wir in Gracias Lempira ein. Es schüttet wie aus Kübeln, die schmalen Kopfsteinpflasterstrassen im Städtchen sind voll geparkt, der vorgesehene Hotelparkplatz ist a) zu klein für uns und b) sowieso auch überbelegt. Doch das Glück ist uns hold, wir passen in eine Lücke am Strassenrand und es bleibt genügend Platz, um an uns vorbeizufahren. Bingo.
Wasserdicht verpackt machen wir uns auf den Weg kreuz und quer durch die Gassen mit den niedrigen, farbigen Kolonialhäusern. Es scheint ein Fest im Gang zu sein. Oder gewesen zu sein, denn in einigen Gassen sind nur deutlich die Hinterlassenschaften von Marktständen zu erkennen. Im Parque Central wird dann alles klar; die indigenen Lencas feiern.
Es ist der 20. Juli, man feiert den „Día del Cacique Lempira“, zum Gedenken an Cacique Lempira, den „Nationalhelden“, der für die honduranische Souveränität kämpfte. Vor der spanischen Eroberung wurde das Gebiet vom Volk der Lenca bewohnt, einer der wichtigsten indigenen ethnischen Gruppen Honduras. Auch der Name der Stadt ist eine Hommage an den Lempira-Häuptling, einen indigenen Lenca-Anführer, der sich der spanischen Eroberung in der Region hartnäckig widersetzte.

Am späten Nachmittag ziehen wir um zu den nahen Aguas Termales Presidente, wo wir auch gleich für die Nacht stehen können. Das Thermalwasser in den künstlich angelegten Becken, mit Thermalwasser, stammt aus dem Erdinneren, was ihm einen hohen Mineralstoffgehalt verleiht. Es riecht leicht nach Schwefel, was ja gesund sein soll. Zusammen mit vielen Einheimischen geniessen wir die Mineralquelle. Der abendliche Temperaturabfall macht das warme Wasser noch angenehmer. Interessantes Detail am Rande: Obwohl die Becken teilweise recht tief sind, tummeln sich hier Gross und Klein ohne Schwimmwesten. Das wäre in Mexiko unvorstellbar gewesen.

Wir winden uns die 50 km Kurven zurück zur Abzweigung bei Santa Rosa. Ab da fahren wir auf einer wunderschönen Betonpiste, breit, mit Randstreifen und Kurvenverbreiterung. Und das wird mit wenigen Ausnahmen für unsere weitere Reise in Honduras auch so bleiben. Im Gegensatz zu unseren ersten Erfahrungen müssen wir unsere Meinung korrigieren. Honduras kann Strassen, und zwar sehr gut.

Riesige Kapokbäume, in deren Blätterdach sich grellrote Aras tummeln, säumen den Pfad zum Parque Arqueológico Ruinas de Copán im westlichen Honduras. Es werden vermutlich die letzten Maya Ruinen sein, die wir auf unserer Reise durch die Amerikas besuchen und sie sind noch einmal etwas ganz Besonderes. Am Grossen Platz gleich hinter dem Eingang stehen dutzende Altäre in Tierform und gut erhaltene Steinstelen, von denen viele aus der Zeit des Mayakönigs «18 Kaninchen» stammen.
Die künstlerische Qualität der in Stein gemeisselten Mosaikskulpturen, Altäre und dreidimensionalen Skulpturen unterscheidet Copán von den übrigen Maya-Städten. Was wir hier auch das erste Mal erfahren ist, dass die mächtigen Pyramiden über älteren Tempelbauten errichtet wurden. Wer nicht Platzangst hat, kann sich durch einen Tunnel zwängen, den Archäologen unter den neueren Tempeln gegraben haben. Dort ist der verborgene Rosalila- Tempel mit seiner kunstvollen, rosaroten Stuckfassade zu bewundern. Wir begnügen uns später im Museum mit einem massstäblichen Nachbau.

Das Glanzstück des Ortes ist jedoch die Hieroglyphentreppe an einer der Pyramiden. Über 2000 Inschriften auf 63 Stufen berichten detailliert über die Copán-Dynastie. Leider war die Treppe teilweise zerstört und die Steine durcheinandergeraten. Die Geschichte, die auf den Stufen erzählt wird, ist noch immer nicht vollständig entziffert. So versuchen die Wissenschaftler immer noch mehr zu enträtseln. Diesem Umstand hat der damals herrschende Mayakönig auch seinen merkwürdigen Namen zu verdanken. «18 Kaninchen» klingt ja eher nach einem Plüschtier als nach einem erhabenen König. Der Name stammt aus der Zeit, als Archäologen die Zeichen der Maya zu einem gewissen Grad deuten konnten, aber nicht wussten, wie man sie ausspricht. Das Symbol für «18 Kaninchen» war entsprechend die Zahl 18 und dazu ein in Stein gemeisselter Kaninchenkopf. Gerade Dank der über 2000 Symbolen der grossen Hieroglyphentreppe von Copán, hat sich seither das Wissen um die Maya Inschriften erheblich erweitert. Im Laufe der Jahre liessen sich phonetisch übersetzen in «Waxaklajuun Ub’aah K’awiil». Definitiv ein wenig komplizierter auszusprechen. So wird der bedeutendste König von Copán bei Guides und Touristen noch heute liebevoll «18 Kaninchen» genannt.

Neben der archäologischen Stätte gibt es auch ein Dorf Copán Ruinas mit steilen, malerischen Strassen. Die vielen Restaurants und Souvenirläden bestätigen, dass wir hier in einem wichtiges Touristenziel in Honduras sind. Als weitere Attraktion gilt der Macaw Mountain Bird Park. Im Vogelpark können wir die roten Aras, den Nationalvogel von Honduras, aus nächster Nähe bewundern. In diesem Aufzucht- und Rehabilitationszentrum werden sie gezüchtet, umsorgt und trainiert, um sie danach in die Freiheit zu entlassen. Beim Spaziergang durch den wunderschönen botanischen Garten voller endemischer Pflanzen und hoch aufragender Hartholzbäume sehen wir ganz viele der roten Gesellen. Es gibt auch grüne und blauen Aras, welche eher in Brasilien vorkommen. Neben kleineren Papageien werden weitere in Honduras heimische Vögel gepflegt. Meist sind es solche aus Gefangenschaft, die in der freien Wildbahn nicht mehr überleben könnten. So schauen uns gleich vier verschiedene Tukane aus ihren Käfigen an. Der vielverbreitete Regenbogenschnabel Tukan mit dem farbigen Schnabel, der grosse Goldkehltukan, der kleine schwarze Goldkehltukan mit gelborange gefärbter Brust und der türkis grüne Smaragd-Toucanet. Schön sind sie alle.

Dank Copán Ruins Canopy fliegen auch wir wie unsere gefiederten Freunde über Canyon, Wald und Bäume. Gut instruiert, gut gesichert und gut betreut von Fernando und seiner freundlichen Crew sausen wir an den Stahlseilen talwärts. 14 Sektionen sind es, total 4 km. Mal kurz, mal schnell, mal lang, mal stark schwingend. Marcel versucht es gleich noch wie Superman und stürzt sich kopfvoran hinunter. Das macht Spaß.

Der Lago de Yojoa ist der einzige See in Honduras, der durch die Explosion eines Vulkans entstanden ist und das größte Süßwasserreservoir des Landes. Der See ist bekannt für sein Artenreichtum an Fischen und Vögeln. Einen der Fische dürfen sie uns später am Abend gerne gebraten auf dem Teller servieren. Um die Vögel zu beobachten, lassen wir uns vor Ankunft der Tagestouristen mit einer Lancha auf den See hinausfahren. Und da treffen wir in Ufernähe tatsächlich verschiedenste von ihnen an.
Der Bootsführer weiss alle ihre Namen, aber nur in Spanisch, und die sind für uns schwer zu merken. Einige kennen wir bereits, andere schlagen wir später in der App nach. Silberreiher, Blaureiher, Grünreiher und Nachtreiher, Moschusenten, Rotschnabel-Pfeifgänse und Familien von Gelbstirn-Blatthühner mit ihrem braunen und gelben Gefieder, den langen Beinen und Zehen, die es ihnen ermöglichen, auf schwimmender Vegetation zu laufen. Ein Rotbrustfischer, der grösste Eisvogel Amerikas fliegt von uns aufgeschreckt aus dem Gebüsch. Überraschend für uns klammert sich eine grosser Gruppe Schneckenbussarde ans Schilfrohr. Einer der Raubvögel lässt sich sogar bei der Jagd beobachten. Und dann ist da noch ein Kranich. Der Rallenkranich sieht zwar eher aus wie ein Reiher oder eben eine Ralle, aber er gehört tatsächlich zu Familie der Kraniche. Was für ein Glück.

Innerhalb des Seegebiets befindet sich der Ökopark Los Naranjos mit Wanderwegen durch den Dschungel und einem langen Holzsteg zur Beobachtung von Fauna und Flora. Einige Vögel fliegen durch das Dickicht, das laute Zirpen der Zikaden macht es beinahe unmöglich, sie zu identifizieren. So geniessen wir eben die wuchtigen Bäume mit ihren Epiphyten und freuen uns an haarigen Raupen und golden glänzenden Ameisen.
Wie fast jeden Tag ziehen am späteren Nachmittag dunkle Wolken auf. Wir schaffen es gerade noch rechtzeitig ins Restaurant D&D Brewery, bevor der Regen kräftig niederprasselt. Den frittierten Fisch gibt es dann doch nicht. Zu seinem ersten Nachtessen als AHV-Rentner wählt Marcel eine Hähnchenbrust mit Käse überbacken an einer hausgemachten Ananassauce. Dazu gibt es ein Porter Cafetero aus eigener Brauerei.

Comayagua war im 19. Jahrhundert das politische Zentrum von Honduras . Rund um die Plaza Central Leon Alvarado ist die schöne Kolonialarchitektur noch heute erhalten. Hauptattraktion ist die wunderschöne Kathedrale. Sie soll die älteste Kathedrale Mittelamerikas sein und beherbergt auch die vermutlich älteste Uhr Amerikas. Die Zahnraduhr wurde im Jahr 1100 von den Mauren erbaut und war in der Alhambra in Sevilla, Spanien, aufgestellt. König Philipp III. versetzte die Uhr während der Kolonialzeit nach Comayagua, da sie ein Überbleibsel der arabischen Besetzung Spaniens war. Wir schauen uns das Uhrwerk im Kirchturm genauer an. Noch heute schlägt sie jede Viertelstunde die Zeit.
Direkt neben der Kathedrale bewirtet das Restaurant Ricardo’s seine Gäste. Gemäss unbestätigten Aussagen des Besitzers ist es das weltweit einzige Schankhaus mit Alkohollizenz, das näher als 200 Schritte von einem katholischen Gotteshaus liegt. Uns ist das egal, Hauptsache das Essen mündet und das Bier löscht den Durst.

Unsere letzten Tage in Honduras verbringen wir im Balneario San Francisco, weit abseits der grossen Strasse. Hier können wir in Ruhe am Juli Blog arbeiten und Vorbereitungen für den Grenzübertritt nach Nicaragua treffen. Dieser soll nicht der einfachste sein. Auch die Zusatzhupe der Alarmanlage muss noch ersetzt werden. Zu unserem Erstaunen haben wir eine gleichwertige in einem Autoshop in Comayagua gefunden.
Ein kleiner See, eine Herde Kühe, die um Rocky herumstreift, feine Pizza aus dem Omnia dazu eine Flasche Rotwein und ein feiner Schokolade Kuchen zum Dessert. So feiern wir in Ruhe Erikas Geburtstag.

Noch einmal führt uns die 4spurige Autobahn über einen Bergrücken und danach quer durch die Hauptstadt Tegucigalpa. Gleich nach der Stadt wird die feine Autobahn zur Schlaglochpiste. An vielen Stellen wird gearbeitet, auch hier wird eine Betonstrasse gebaut. Dies bedeutet für uns lange Wartezeiten vor den kilometerlangen Baustellen. Dass an stehenden Kolonnen vorbeigefahren wird, obwohl vorne keine Lücken bestehen und das innerhalb der Baustellen überholt wird, wenn immer der Platz es erlaubt, wundert uns schon lange nicht mehr.
Ein paar Kilometer vor der Grenze zu Nicaragua wird die Strasse dann noch einmal schmaler. Es gibt kaum Verkehr und wir wundern uns schon. Doch dann stehen sie da, wie von anderen Reisenden angekündigt. Links und rechts sind die grossen LKW’S abgestellt. Es bleibt gerade mal genügend Platz für die Durchfahrt. Die honduranische Seite ist entspannt. Die Schalter sind leicht zu finden, es gibt keine Wartezeiten, keine Fragen. In 20 Minuten sind wir und Rocky abgemeldet. Der Schlagbaum ist oben. Wir verlassen Honduras. Obwohl das Land als gefährlich gilt, fühlten wir uns jederzeit sicher.  Wo immer wir hingingen, haben uns freundliche und offene Menschen begrüsst. Adiós Honduras, hasta luego.

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Nicaragua
02.08.2024 – 29.08.2024