Mexiko III

Michoacán, México, Morelos, Pueblo, Oaxaca, Chiapas

30. Januar 2023 bis 25. Februar 2023

Erst flattern nur ein paar wenige um uns herum, dann stehen wir mittendrin. 10‘000, 100‘000, nein, Millionen der orangebraunen Schmetterlinge segeln um uns herum im Monarch Butterfly Reserve El Rosario. Es ist schier unglaublich.
Von November bis März eines jeden Jahres empfängt das Monarchfalter-Biosphärenreservat Millionen der angesehenen Gäste, die die Wälder der Bundesstaaten Mexiko und Michoacán orange färben. Es ist eines der schönsten Schauspiele, die uns die Natur schenkt. Im vergangenen August begannen die Monarchfalter ihre lange Reise von mehr als 4’500 Kilometern in Südkanada. Sie durchquerten die Vereinigten Staaten und Nordmexiko, um ihre Winterzufluchten in den Bergen Zentralmexikos zu erreichen, dreitausend Meter über dem Meeresspiegel. Ein alter Glaube unter den Bewohnern der Region besagt, dass jeder Schmetterling die Seele eines verstorbenen Lieben darstellt, die zu Besuch kommen. Die Generation, die in den Norden zurückfliegen wird, wird im März geboren. Es dauert 3-4 Generationen, um die nördlichen Vereinigten Staaten und Kanada zu erreichen. Keiner von ihnen wird nach Mexiko zurückkehren, da ihr Lebenszyklus nur wenige Wochen dauert.

Um in das Schmetterling-Gebiet von Cerron Pelon zu gelangen, steigen wir am nächsten Tag auf Pferden steil bergan. Die Führer springen den Pferden voraus, unglaublich was sie leisten. Nach etwa eineinhalb Stunden sind wir oben. Zu Fuss geht es noch ein Stück höher. Direkt neben hohen Bäumen voller Schmetterlingen stehen wir und staunen. In Wolken fliegen sie zu ihren Schlafplätzen, wie Trauben hängen sie bereits an den weit herunterhängenden Ästen. Es ist magic!
Monarchen schliessen sich zusammen, um warm zu bleiben. Zehntausende von ihnen können sich auf einem einzigen Baum sammeln. Obwohl Monarchen allein weniger als ein Gramm wiegen, wiegen Zehntausende von ihnen viel. Oyamel-Bäume sind im Allgemeinen in der Lage, die sich gruppierenden Schmetterlinge zu unterstützen, aber manchmal brechen Äste.

Heute möchten wir einmal nur geteerte Strassen fahren. Ja, möchten! Die Strasse ist zwar geteert, oder besser war es einmal. Heute besteht sie mehrheitlich aus Löchern. Wie bei einem Riesenslalom versuchen wir um die Strassenschäden zu kurven. Es fühlt sich an wie Buckelpiste fahren. Doch Besserung naht, die Piste wird generalüberholt. In der einspurig geführten Baustelle kommen uns Autos entgegen. Alles kein Problem, diese weichen einfach auf die rechte Spur in die Baustelle aus. Geht doch! Alle kommen durch.

In Metepec, nahe der Stadt Toluca de Lerdo, finden wir einen sonnigen Stellplatz im Hinterhof einer Autowaschanlage. Unsere staubigen Fahrzeuge wollen sie allerdings nicht waschen; zu hoch für sie und eine Leiter gibt es nicht. Zu Fuss geht es ins Städtchen. In einer Seitengasse ist schon der Luna Park aufgebaut. Fantastische, altertümlich anmutende Bahnen: Karussell, Flieger und Schlittenbahn. Die Generatoren stehen daneben, die Karussells müssen nur noch angeschlossen werden.
Es ist eine wunderschöne magische Stadt, die sich durch ihre Handwerker auszeichnet, die ikonischen Meerjungfrauen sowie wunderschönen Lebensbäumen Leben einhauchen. Alles schön farbig.

Die Route führt uns über eine weitere Hochebene. Es scheint, hier werden vor allem Karotten angebaut. In riesigen Säcken werden sie angeboten. Es muss eine touristische Gegend sein, überall entlang dem Weg sind Essenstände, Küchen und Verkaufsstellen von Gemüse und Obst bis Kleider und Spielzeug aufgebaut. Dann fahren wir wieder in die Berge, bis auf 3167 Meter führt die Strasse. Bergweiden und Wald wechseln sich ab. Recht steil geht es wieder 1500 Höhenmeter hinunter nach Tepoztlán. Das hübsche Kolonialstädtchen liegt in einer schroffen Berglandschaft südlich der mexikanischen Hauptstadt Mexiko City. Sein Tal wurde vom Dalai Lama als Ort des Friedens bezeichnet und gilt als sehr starkes Energiezentrum.

Tepoztlán ist unter der Woche eine ziemlich ruhige kleine Stadt und wird am Wochenende zu einem wichtigen Touristenziel für die Einwohner von Mexiko-Stadt. Die Durchgangsstrasse Avenida Revolución ist für den Verkehr gesperrt. Dies schafft Platz für eine Fussgängerzone und den Handwerkermarkt. Der Verkehr wird durch die schmalen, verwinkelten Nebengassen umgeleitet. Und heute ist Sonntag. Und jeder der vielen Touristen scheint mit dem eigenen Auto gekommen zu sein. Ein zähflüssiger Stau zieht sich geduldig durch das ganze Städtchen und wir sind mittendrin.

Eigentlich wollten wir den Paso de Cortés zwischen den bekannten Vulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl überqueren. Seit Anfang Dezember 2022 ist der Popocatépetl jedoch wieder aktiv und der Pass ist aus Sicherheitsgründen geschlossen. Den Vulkan immer im Blick, fahren wir südwärts um ihn rum. Eine Dampfwolke hüllt jedoch seine 5’452 Meter hohe Spitze ein, sodass wir eine allfällige Eruption kaum erkennen könnten.
In Metepec bei Atlixco suchen wir nach einem Übernachtungsplatz mit Sicht auf den Vulkan. Fündig werden wir auf dem Parkplatz des Atlimeyaya-UFO, einer einzigartigen Skulptur, die von seltsamen Ereignissen umgeben ist. Alles begann im Jahr 2001, als ein rostiger alter Wassertank von einem Künstler in ein Weltraumschiff verwandelt wurde. Aber warum ein UFO? Nun, die Antwort findet sich in den Legenden und Gerüchten, die von den Bewohnern erzählt werden: seltsame Lichter, die nachts am Himmel aufleuchteten, ein Ball aus glühendem Licht, der vom Popocatépetl nach Atlixco kam. Für uns gibt es keine UFO’s, dafür eine besonders coole Pina Colada und ein mächtiges Quesadillas.
Vom Übernachten auf dem Parkplatz raten uns die Einheimischen ab. Zu gefährlich! Ob wegen Menschen oder Ausserirdischen bleibt offen. So verbringen wir eine sichere Nacht unten im Dorf. Noch vor dem Frühstück beziehen wir jedoch wieder Stellung auf dem UFO-Landeplatz. Von hier haben wir den perfekten Überblick auf den wolkenfreien Popocatepetl. Frühstück an der Sonne mit Aussicht auf den Berg, dessen Name das aztekische Wort für rauchender Berg ist . Werden wir einen Ausbruch miterleben, auch nur einen ganz kleinen? Tatsächlich, in unregelmässigen Abständen stösst der zweithöchste Vulkan Mexikos eine Dampfwolke aus. Und dann erfreut er uns mit einen schönen, grauen Aschepups, und gleich noch einen. Wir sind entzückt. Gegen Mittag hüllt sich seine abgebrochene Spitze immer mehr in Wolken. Wir reisen weiter.

Cholula war eine heilige Stadt, und anstatt in Waffen zu investieren, hatten ihre Bewohner Tempel gebaut, und man sagt, dass sie für jeden Tag des Jahres eine heilige Pyramide hatten. Mit solcher Grosszügigkeit mussten ihre Götter sie beschützen. Das zu denken, war ein schwerer Fehler. Als die Armee von Cortés die Strassen stürmte, wurden religiöse Schätze geplündert und heilige Pyramiden in Brand gesteckt. Heute ist es in Mexiko berühmt für den weit verbreiteten Mythos, dass es insgesamt 365 Kirchen beherbergt, eine für jeden Tag des Jahres. Die Realität ist, dass die Zahl der Kirchen nicht so hoch ist, aber sie ist beträchtlich. Der Grund, warum Cholula so viele Kirchen hat, ist, dass die Spanier zur Zeit der Kolonialisierung Kirchen auf alle prähispanischen Tempel setzten, die sie fanden.

So besichtigen wir denn in Cholula als erstes eine Kirche, den Templo de San Francisco Acatepec. Die katholische Kirche aus dem 17. Jahrhundert ist eines der architektonischen Juwelen des Bundesstaates Puebla und gilt als Meisterwerk des mexikanischen Barocks. Die Alarifes und Töpfer aus Puebla bedeckten die Fassade des Tempels meisterhaft mit handgefertigten Keramikstücken, hauptsächlich aus Talavera-Steingut. Bewundernswert ist auch der Innenraum. Er hat eine fantastische Stuckdekoration, die sowohl durch den brillanten Formenreichtum als auch durch den Ausdruck der Bilder beeindruckt.

Schnurgerade aus geht es über viele Topes zum wohl bekanntesten aller Gotteshäuser in Cholula. Die Kirche Nuestra Señora de los Remedios wurde angeblich auf einem riesigen Hügel errichtet. Aber nicht alles ist, wie es scheint. Unter der kleinen Kirche mit ihrem leuchtend gelben Anstrich versteckt sich unter Grasbüscheln, Bäumen und Erde eine alte Pyramide von wirklich gigantischen Ausmassen.
Mit einer Breite von 450 Metern und einer Höhe von 66 Metern entspricht die Grosse Pyramide von Cholula neun olympischen Schwimmbecken. Cholula hält eine beeindruckende Liste von Rekorden: Sie ist die grösste Pyramide der Erde, mit einer Basis, die viermal so gross ist wie die Grosse Pyramide von Gizeh und fast doppelt so gross wie das Volumen. Es ist auch das bisher grösste Monument, das auf der Welt gebaut wurde, unter allen Zivilisationen.
Der Legende nach bedeckten die Einheimischen den heiligen Tempel mit Erde, als sie hörten, dass sich die Eroberer näherten. Das könnte auch Zufall gewesen sein, denn unglaublicherweise besteht die grösste Pyramide der Welt aus Lehmziegel, einer Mischung aus Lehm mit anderen Materialien wie Sand oder Stroh, die unter der Sonne aushärtet. Unter der Feuchtigkeit Mexikos war die Schlammkreation eine fruchtbare Plattform für den tropischen Dschungel. Als Cortés und seine Männer ankamen, war das Gebäude sicherlich bereits Tausende von Jahren alt und vollständig von Vegetation bedeckt.

Wie dem auch sei, die Aussicht vom Pyramiden-Berg ist grossartig, obwohl die beiden grossen Vulkane im Dunst nur zu erahnen sind. Wir beginnen die Kirchen rundherum zu zählen und entdecken immer wieder neue. Es sind wirklich sehr viele.

Wir wollen heute etwas schneller vorwärtskommen und nehmen ausnahmsweise die Autobahn. Prompt stehen wir in einem riesigen Stau. Ungewöhnlich für uns – und nicht Ursache des Staus – auf der Gegenfahrbahn kommen uns viele Pilger entgegen. Mal per Fahrrad, meist aber zu Fuss, einmal rot, einmal gelb, blau oder grün eingekleidet bewegen sie sich in Gruppen am Rande der Schnellstrasse. Immer werden sie begleitet von einem Fahrzeug mit einem Maria Bild, aufwendig dekoriert mit Palmzweigen und Blumen.

Mit der Einfahrt in das Biosphärenreservats Tehuacán-Cuicatlán ändert sich die Landschaft. Sind wir vorher wieder einmal durch eine weite Ebene mit Bergen im Hintergrund gefahren, so geht es nun durch Berge. Mehr und mehr Säulenkakteen stehen in der Landschaft, ja ganze Wälder davon bedecken die Berghänge. Surreal mutet es an. Das Tal von Zapotitlán Salinas zeichnet sich durch ein halbtrockenes Klima aus, obwohl es normalerweise mehr regnet als in anderen Halbwüstengebieten. Mittendrin wird Onyx abgebaut und verarbeitet. In Salinen wird Salz gewonnen, hier in den Bergen.

Im Kakteengarten vor Ort sind mehr als hundert verschiedene Kakteenarten in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen, die teilweise nur hier wachsen. Es gibt Säulenkakteen der Art Tetecho (Neobuxbaumia tetetzo), die mehr als 10 Meter hoch sind und über 200 Jahre alt werden. Was für ein Privileg: Wir dürfen mittendrin übernachten. Im Garten spazieren wir durch den Kakteenwald, besuchen den riesigen Elefantenfuss oder Sotolín. Wir klettern auf die Aussichtstürme und sehen das unglaubliche trockene Ökosystem. Ein spektakulärer Ort, nicht so laut wie der Dschungel, aber genauso mystisch.

Die Säulen Kakteen ändern sich zu nicht minder eindrücklichen Kandelaber Kakteen. Es sieht vermehrt nach Frühling aus. Gelb und fein grün schimmern die Bäume und Büsche. Wir sind noch immer im Biosphärenreservats Tehuacán-Cuicatlán, haben aber in ein anders Tal gewechselt. Hier fliesst ein Rio Grande.

Um 2 Uhr holt uns unser Führer Daniel beim Übernachtungsplatz ab. Sehr steil geht es bei heissen Temperaturen im zügigen Schritt den Berg hinauf. Es fordert unsere ganzen Kräfte. Völlig ausser Puste haben wir kaum Zeit, die wilde Gegend mit den bis zu 800 Jahre alten Kakteen-Bäumen zu geniessen. Nach über drei Stunden sind wir dann endlich am Ziel, dem Beobachtungsstand. Hier sammeln sich kurz vor der Dämmerung die Guacamayas, die Ara militaris mexicanus, die farbenfrohen mexikanischen grünen Ara. Sie laben sich an den mineralischen Felsen, die ihnen helfen, für sie eigentlich ungeniessbar Früchte zu verdauen.
Ein Krächzen lässt uns aufspringen. Drei der grossen blau-grünen Vögel, mit rotem Kopf und gelben Flügelunterseiten kommen durch das Tal geflogen und setzen sich auf einen Baum. Aus unserem Versteck beobachten wir sie mit unseren Ferngläsern. Weitere vier kommen dazu. Liebevoll putzen sie sich gegenseitig das Gefieder.
Ausgerüstet mit Stirnlampen geht es im Dunkeln dann zügig wieder den Berg hinunter. Um ca. 8.30 sind wir müde und glücklich zurück im Camp. Die Anstrengung hat sich gelohnt.

In Oaxaca de Juárez finden wir einen Stellplatz in einem engen Hinterhof, mitten in der Stadt. Lange werden die bereits parkierten Autos hin und her bewegt, bis unsere beiden Grossen alle einen Platz finden. Es werden keine Zentimeter verschenkt. Das Knobelspiel «Rush Hour» in echt.
Nach gewonnenem Spiel laufen wir ein erstes Mal kreuz durch die hübsche Stadt mit ihren bunten Häusern aus spanischen Kolonialtagen und ihren schnurgeraden Schachbrett-Strassen. Überall Cafés, Restaurants und kleine Kunstgalerien. Die Stadt ist vor allem eins: kunterbunt!

Vor der Kirche Santo Domingo de Guzmán zieht eine Parade vorbei – eine Hochzeitsfeier, mit grossen Pappmaché-Figuren und Live-Musik. In der Kirche wird gerne geheiratet. Man muss sich aber etwas gedulden. Für die nächsten 2 Jahre sind alle Termine ausgebucht. Die Kirche selbst ist eine der prachtvollsten Sehenswürdigkeiten im historischen Stadtzentrum von Oaxaca. Knapp 200 Jahre zog sich der Bau des majestätischen Gebäudes hin, immer wieder erschütterten Erdbeben die Region und brachten Teile der Kathedrale wiederholt zum Einstürzen. Heute erstrahlt sie in ihrem vollen Glanz, vor allem von Innen, ist es doch mit goldenen Schnörkeln und aufwändigen Reliefs besonders reich verziert.

Mit dem Bus geht es kurvig hoch auf den Monte Albán. Die weitläufige Anlage ist eine der kulturell reichsten archäologischen Stätten Mexikos, mit Überresten von Tempeln, Palästen, hohen Stufenplattformen, einem Observatorium und einem Ballspielplatz. Von hier oben hast du einen wunderbaren 360-Grad-Blick über die Stadt, die Täler und die fernen Berge.
Wir nehmen uns ausreichend Zeit, um die zahlreichen Terrassen, Tempel und Grabhügel zu erkunden. Dutzende schöne Motive ergeben sich immer wieder neu, je nachdem von welchem Hügel wir gerade auf den 250 mal 750 Meter grossen Zeremonienplatz oder auf das pittoreske Umland blicken.

Gerade rechtzeitig sind wir in der Stadt zurück, um an der «Free walking Tour» teilzunehmen. Beim Spaziergang durch die Gassen erfahren wir viele spannende Hintergründe zu Geschichte und Tradition. So wird hier alles Mögliche gefeiert. Die Mexikaner seien Party Animals, verrät uns Guide Mizzi. So finden sie immer einen Grund um zu feiern. Sei es die Feier zum gebratenes Huhn, der Tag des Taxifahrers oder wie wir auch gleich erfahren, das Kondome sexy sind.
Wir lernen von Benito Juárez, dem ersten und einzigen indigenen Staatspräsidenten von Mexiko, der hier in der Stadt bei seinem Onkel aufgewachsen ist und von Francisco Toledo. Der medienscheue Künstler und progressive Verteidiger der kulturellen Vielfalt erhielt 2005 den Alternativen Friedensnobelpreis, nachdem er erfolgreich eine McDonalds-Filiale im Zentrum der pittoresken Kolonialstadt Oaxaca verhindern konnte.
In Xochimilco, nur ein paar Blocks nördlich des Zentrums finden sich zahlreiche bunte Street-Art, verwinkelte Strassen und ein Aquädukt aus den Zeiten der Kolonialisierung, mit dem frisches Trinkwasser von den Hängen des Cerro de San Felipe in die Stadt gebracht wurde.

Ein absolut faszinierender Ort ist Hierve el Agua, die versteinerten Wasserfälle. Zwei grosse Kaskaden mit frischem Quellwasser ergiessen sich in ein malerisches Tal, eingebettet in die saftig grüne Berglandschaft. Das Wasser der Quellen ist dabei überreich an Calciumcarbonat und anderen Mineralien, welche beim Verdunsten die beeindruckenden versteinerten Kaskaden am Berghang formen, wie Tropfsteine in Höhlen.
Über Jahrzehnte hinweg ist auf diesem Weg am Rande der Klippen ein natürliches Spa mit mehreren natürliche Pools entstanden, aus denen das schon von weitem unglaublich türkis leuchtende Wasser direkt an dem gut 90 Meter hohen Felsen über die Kante läuft.
Nach der steilen Wanderung um dieses Naturwunder wäre ein Bad in den Pools entspannend. Diese sind jedoch bereits überbevölkert, sodass wir darauf verzichten.

Auf dem Weg zurück nach Qaxaca halten wir an einer Mezcal Destillerie am staubigen Wegrand an. Wie der Tequila wird auch der Mezcal aus den Herzen von Agaven hergestellt. Unterschiedlich ist die Art der Agave und der Herstellungsprozess. Hier im Hinterland erfolgt er noch weitgehend vom Hand. Die Herstellung von Mezcal dauert ungefähr 492 Stunden, vom Kochen der Ananas bis zum Erhalt des Getränks. Genauer gesagt dauert das Kochen der Agave im Loch mit den heissen Steinen 96 Stunden, das Mahlen in der von Esel getriebenen Mühle 16 Stunden, die Fermentation 360 Stunden und die Destillation 20 Stunden. Da wir noch weit fahren müssen, bleibt die Degustation heute aus.

In Oaxaca finden wir eine Mercedes Garage, die sich sowohl den 917er von Max als auch unserer Windschutzscheibe annehmen will. Während das Fahrzeuge von Max bereits vor dem Ausflug zum Hierve el Agua seinen Termin hatte, sind wir gleich danach dran. Max und Marion verweilen auf den Overlander Campingplatz in El Tule, wo wir Markus und Ursula, Stefan und Petra sowie überraschenderweise Jan und Marita von MaJanta antreffen. MaJanta haben wir während der Reisevorbereitung über Jahre hinweg auf ihren Abenteuern in Südamerika verfolgt.

Der Kleber unserer neuen Scheibe muss 24 Stunden trocknen. Bei den holprigen Strassen in Mexiko ist das besonders wichtig. Rocky bleibt in der Werkstatt, wir nehmen uns ein Hotelzimmer in der Stadt. Das erste Mal seit 9 Monaten, dass wir nicht in Rocky schlafen. Noch einmal dürfen wir so die quirlige Stadt geniessen. Am Zócalo, dem Hauptplatz in mexikanischen Städten, spielt sich das Leben ab. Der verkehrsfreie, von hohen Bäumen beschattete und von Arkaden umgebene Zócalo ist der perfekte Ort, um die Atmosphäre von Oaxaca aufzusaugen. Tagsüber und abends pulsiert das Leben auf dem Zócalo. Kinder spielen mit bunten Luftballons. Händler preisen lautstark ihre Waren an, meist Textilien und Kunsthandwerk. Am frühen Abend spielt die Militärmusik, begleitet von einer lokalen Tanzgruppe. Später steht ein Marimba-Ensembles auf der Bühne. Dynamisch schwirren ihre Schlägel über die Aufschlagstäbe. Die xylophonartigen Instrumente mit einen bis zu 5 ½ Oktaven grossen Tonumfang werden von 3 Musikanten gleichzeitig bespielt.
Auch am nächsten Morgen herrscht am Zócalo bereits wieder Hochstimmung. Diesmal schwingen Tanzgruppen aus allen Teilen des Bundesstaates Oaxaca ihre farbenfrohen Trachten im Kreis. Einer der Tänzer umschwärmt seine Partnerin im Tanze so heftig, dass er mit schmerzenden Füssen von der Bühne getragen werden muss.

Nach über einer Woche in Oaxaca und Umgebung sind wir wieder auf Achse. Bevor wir nach Guatemala reisen, um in einer Sprachschule unsere Spanischkenntnisse zu verbessern, wollen wir noch an der Pazifikküste etwas ausspannen. Das will aber verdient sein. Zwischen uns und dem Meer gilt es wieder einmal hohe Bergrücken zu überwinden. Steil und kurvig führt die Strasse hoch nach La Ciénega. Die Häuser des Dörfchens kleben an den Abhängen und an Strassenrändern. Da es kaum ein flaches Stückchen Erde gibt, ruhen die Gebäude auf Pfeilern. Unglaublich.

Auf etwa 2760 Meter suchen wir nach einem Übernachtungsplatz. Die Rancho San Melchor mit Cabañas und Forellenzucht zieht die Aufmerksamkeit von Marcel und Max an. Bedenken wegen der im iOverlander beschriebenen schwierigen Zufahrt schieben sie beiseite. Allradantrieb und Untersetzung einlegen, so geht es steil die Naturstrasse hinunter. Die Frauen brauchen ihre Nerven. Aber auch die beiden Fahrer kommen nahe an ihre Grenzen. Erst mal geschafft. Nach dem kurzen Spaziergang zum Wasserfall geniessen wir die frischen Forellen zum Nachtessen.
Und jetzt…. werden wir es diese steile Strecke auch wieder hinauf schaffen? Die Spitzkehre ist gottlob betoniert. Mit Schmackes geht es um die Kurve. Aber dann liegt ein Ast am Boden. Wir stehen mitten im Steilhang. Anfahren geht nicht mehr. Erika räumt den Ast beiseite, wir rollen zurück zu einer flacheren Stellen und schaffen es im nächsten Anlauf mit Vollgas bis nach oben. Uff!

Auf der asphaltierten Strasse geht es weiter auf den Bergrücken bis über die Passhöhe. Nach der nächste Abzweigung ist die Strasse teilweise abgebrochen. Wohl weggeschwemmt in der letzten Regenzeit. Steine und Erdrutsche liegen noch auf der Strasse. Im Bergdorf San Pedro de Alto geht es dann wieder einmal sehr steil und eng durch das Dorf. Entgegenkommende Fahrzeuge weichen aus. Jedes Fleckchen wird benutzt. Und plötzlich stehen wir vor einer Kurve. Links ein Dachvorsprung, rechts ein wirklich ungünstig parkierter Pick-up. Der Fahrer ist nicht auffindbar. Mit Hilfe von Einheimischen meistern wir beide diesen Engpass. Einige Meter führt der Weg am Rande über das Basketball Feld, auf dem gerade eine Veranstaltung im Gange ist. Viele Erwachsene und noch mehr Kinder sind versammelt. Hier geht es für uns nicht weiter, denn direkt hinter dem Platz ist die Strasse schmaler als unsere Fahrzeuge. Auch wenn einige Einheimischen meinen, dass hier schon grosse LKW’s durchgefahren sind, für uns geht es hier nicht mehr weiter. Also wenden und zurück. Nicht so einfach, denn an der einzigen Wendestelle, dem Basketballfeld, steht unbekümmert die Menschenmenge. Aber nach einigen Manöver nehmen wir die steile Dorfstrasse wieder nach oben unter die Räder. Alles Teil des Abenteuers, wie Max gerne sagt.

Die andere Strasse Richtung Küste führt uns dann bis in tiefere Lage. Zum Schluss geht es noch einige Kilometer über eine Holperpiste bis nach San Augustín zum Overlander Camp Don Taco. Die Bucht von San Agustín hält was sie verspricht. Es gibt zwei schöne Strände mit weichem weissem Sand, warmen karibikblauen Wasser, mässigen Wellen und einer einsamen Atmosphäre. So richtig zum Eintauchen und Ausspannen.

Am zweiten Morgen wartet um 8 Uhr Kapitän Alex mit seinem Boot. Wale mit ihren Kälbern, fliegende Mantas und Delphine sollen wir zu sehen bekommen. Die Meeresbewohner scheinen davon nichts zu wissen. So sehen wir leider nur die Flossenspitzen von ein paar Mantas, die nahe der Wasseroberfläche schwimmen. Das Schnorcheln in den Korallenriffs der Playa Indie entschädigt uns. Die kleinen, farbigen Fische zeigen sich in grosser Zahl. Wie zuvor die Mantas schweben wir bewegungslos an der Oberfläche und lassen uns vom Treiben im Wasser berauschen.
Zurück lenkt Alex das Boot nahe der paradiesische Küste mit Stränden, die nur per Boot erreichbar sind und Klippen, auf denen sich Fregattvögel und Pelikane ausruhen. Auch ein Iguana sonnt sich auf einem der Felsen.

Die letzten 600 Kilometer bis an die Grenze zu Guatemala sind nicht sehr spektakulärer, sodass wir in zwei Tagen durchfahren. Etwas Abwechslung bietet die Gegend um La Venta. Hier, an der engsten Stelle Mexikos, ist der Golf von Mexiko nur 200 km vom Pazifik entfernt. La Venta ist bekannt für die starken Winde, die häufig auftreten und in der Gegend wehen. Öfters mal werden Lastwagen auf der Autobahn von den starken Winden umgekippt. Es ist aber auch ein günstiger Ort für die Nutzung der Windenergie. Hunderte von Windrädern drehen in der Umgebung.

Und noch etwas fällt uns positiv auf, sobald wir im Bundesstaat Chiapas ankommen. Wo vorher überall in Mexiko Berge von Abfall an den Strassenrändern lagen und Ausstellplätze eher Müllhalden glichen, ist in Chiapas alles sauber und grün. Überhaupt wähnen wir uns hier fast ein wenig im grünen Dschungel, zumal auch die Luftfeuchtigkeit angestiegen ist. Und dann sind wir am Grenzübergang Talismán. Umgehend sind wir von Grenzhelfern umringt. Gewarnt von anderen Overlandern weisen wir ihre Hilfe dankend ab, zu viele negative Erfahrungen sind im Internet nachzulesen. Abmelden in Mexiko, über den Grenzfluss, parken im Niemandsland auf der Guatemaltekischen Seite. Hartnäckig bleiben die Helfer an uns dran. Auch wir bleiben hartnäckig und haben bald schon unseren Stempel im Pass. Aufwendiger wir der temporäre Import von Rocky. Die Zollbeamtin ist hilfsbereit, bald haben wir alle notwendigen Papiere beisammen. Dann aber findet sie im Schweizer Fahrausweis weder ein Ablaufdatum, noch den Vermerk «permanent». Das ist in Guatemala so nicht vorgesehen. Noch weitere Verzögerungen treten beim Übersetzen der helvetischen Dokumente auf. Alles kann aber schlussendlich geklärt werden und nach etwa 3 Stunden bekommen wir den Kleber an die Windschutzscheibe. Bei Max geht es dann einiges schneller. Entweder profitiert die Beamtin von den eben gemachten Erfahrungen oder die Kanadischen Dokumente sind klarer. Wie dem auch sei. ¡BIENVENIDOS A GUATEMALA!

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