Panama II


01. Februar bis 02. März 2025

Auf der Brücke der Amerikas überqueren wir den berühmten Panamakanal nahe seinem Ausgang in den Pazifik. Der von den USA gebaute Kanal verbindet seit 1914 den Atlantik mit dem Pazifik, hat aber dafür das Land Panama zweigeteilt. Bis 1962 war der Kanal für den Landverkehr nur mit ineffizienten Fähren zu überqueren. Als erste dauerhafte Brücke über den Panamakanal löste damals die eindrucksvolle Puente de las Américas das Landtransportproblem.

Nach monatelangem unendlichem Grün mit uralten Baumriesen, finden wir uns plötzlich im glitzernden Grau von stählernen Wolkenkratzern. Nicht, dass es uns nicht gefällt, aber der Wechsel von einfachen Dörfern in die mondäne Großstadt erfolgt so abrupt. Entlang der Bucht von Panama fahren wir durch den sieben Kilometer langen öffentlichen Erholungsraum Cinta Costera, links die Hochhäuser, rechts das Meer.

Unser Ziel ist das 62 stöckige Paramount Gebäude im Quartier Costa del Este. Hier wohnt Tita, eine Cousine von Erikas Mutter mit ihrem Mann Carlos. Die Beiden empfangen uns sehr herzlich und freuen sich über den seltenen Besuch aus der Schweiz. Tita spricht sogar deutsch. Das hat sie gelernt, als sie vor über 60 Jahren für 3 Jahre in Bern lebte. Von dieser Zeit und viel Anderes von ihrer Schweizer Verwandtschaft weiß die ältere Dame zu erzählen. Am nächsten Tag werden wir zu einem feinen panamaischen Mittagessen mit ihrer Tochter Hildegard und deren Mann eingeladen.

Ausgerüstet mit vielen Tipps für Sehenswürdigkeiten rund um Panama, zieht es uns erst einmal an den berühmten Kanal. Das Besucherzentrum der Miraflores Schleusen informiert im IMAX Kino dreidimensional über die Vergangenheit und die Gegenwart des künstlichen Seewegs, der den Schiffen den langen und gefährlichen Weg um die Südspitze Südamerikas erspart.
Schon im 16ten Jahrhundert nutzten die Spanier den schmalen Landstreifen zwischen Atlantik und Pazifik für ihre Eroberung Südamerikas. Das peruanische Gold wurde hier nach Europa verladen. Kaiser Karl V. war davon überzeugt, dass es keinen natürlichen Übergang gebe und begann mit dem Bau eines Durchgangs über den Isthmus. 1855 wurde die Panama-Eisenbahn eröffnet, das erste Transportmittel zwischen dem Pazifik und dem Atlantik quer durch Panama. Dies war der erste transkontinentale Zug der Welt, und der teuerste. Allein das One-Way-Ticket zwischen Panama und Colon kostete 25 Dollar in Goldmünzen. Die Eisenbahn erleichterte die Schiffsverbindung zwischen New York und Kalifornien und wurde von Glückrittern benutzt, auf ihrem Weg zu den Goldfeldern im hohen Norden Kanadas.

1881 begann eine französische Firma einen ebenen Kanal durch Panama zu bauen. Als die Erkenntnis reifte, dass das Ziel nur mit Schleusen zu erreichen war, die die Schiffe über die Kontinentalwasserscheide anheben, war es zu spät. Die Firma war pleite, die Arbeiten wurden nach neunjähriger Arbeit abgebrochen. 1903 unterstützten die USA Panamas Unabhängigkeit von Kolumbien und erwarben die Baurechte von den Franzosen. Panama trat für 10 Millionen Dollar eine 15 Kilometer breite Zone für den Kanalbau an die USA ab. Ein Jahr später begann der Bau des Schleusenkanals. 10 Jahre darauf erfolgte die Eröffnung des Wasserwegs, überschattet durch den Ausbruch des 1. Weltkriegs. Am Mittag des 31. Dezember 1999 übernahm Panama, in Übereinstimmung mit den Torrijos-Carter-Verträgen, den Kanal von den Nordamerikanern.

Lange stehen wir auf der Tribüne der Miraflores Schleusen und beobachten, wie die grossen Kähne in den Schleusenkammern abgesenkt werden. Die Schleusentore sind noch immer dieselben, wie vor 110 Jahren. Nur die kleinen, silbernen Lokomotiven, die die Schiffe in der «Spur» halten, wurden durch modernere, stärkere ersetzt. Schließlich sind ja auch die Schiffe grösser geworden.

Nach so viel Geschichte und Technik genehmigen wir uns einen Tag in der Natur. Entlang dem Kanal fahren wir nach Gamboa zum Ausgangspunkt des Pipeline Road Trails. Während des Zweiten Weltkrieges haben die US Amerikaner eine Erdölpipeline und die dazugehörige Zufahrtsstraße über die Landenge von Panama gebaut. Die Pipeline wurde nie benutzt, aber die einspurige Schotter- und Feldstraße besteht noch und ermöglicht einen einfachen Zugang in den Soberania-Nationalpark. Nur gerade eine halbe Stunde vom geschäftigen Panama City kann man in diesem Naturreservat verschiedenste Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum finden.

Neben Brüllaffen, Nasenbären und einem Eichhörnchen entdecken wir bei unserer Wanderung mehrere Agutis. Die tagaktiven Nagetiere sind mit unseren Meerschweinchen verwandt, sind etwas grösser und haben längere Beine. Besonders bekannt ist der Park bei Vogelbeobachtern. Einige der gefiederten Freunde können auch wir nicht bloß hören, sondern auch sehen. Das besondere Highlight ist ein Schieferrücken Waldfalke. Nur wenige Meter vom Wegrand sitzt der grosse Raubvogel in Bodennähe auf einem Ast und fliegt bald darauf mit seinen grossen Schwingen kunstvoll durch den dichten Wald davon. Hätte ein Guide uns nicht auf ihn aufmerksam gemacht, wir hätten ihn sicher verpasst.

Die Halbinsel Amador ist für den Panoramablick auf die Skyline der Stadt und den Eingang zum Panamakanal bekannt. Es beherbergt das farbenfrohe, verwinkelte Biomuseo, ein von Frank Gehry entworfenes Museum, das der Artenvielfalt gewidmet ist. Die Ausstellung ist schon geschlossen, als wir dort ankommen. Wir sind darüber nicht wirklich traurig, interessiert uns doch viel mehr das Gebäude. Es weckt Erinnerungen an andere Gehry Bauwerke, wie das Guggenheim-Museum von Bilbao, den „Neuern Zollhof“ im Medienhafen Düsseldorf und das Stata Center in Boston.

Die finale Idee des Franzosen Ferdinand de Lesseps war genial. Anstatt einen 80 km langen Kanal auf Meereshöhe durch das ganze Land zu graben, wurde auf der Karibik Seite der Fluss Chagres mit einem Erdwall zum Gatun See angestaut und als Wasserstrasse genutzt. Mit Schleusen auf beiden Seiten, musste somit nur noch eine Strecke von etwas 13 Kilometer auf der Pazifik Seite durch den Bergrücken gesprengt werden: der Culebra Cut.

Trotzdem fiel noch viel an Aushubmaterial an. Einiges davon wurde zum Bau eines Wellenbrechers vor Panama City verwendet, der die Insel Naos mit dem Festland verbindet und so eine fünf Kilometer weit in den Pazifischen Ozean hineinreichende Halbinsel formt. Heute führt eine 4spurige Avenida mit Fussgänger- und Radwegen über den Amador Causeway genannten Damm. In den kühleren Morgen- und Abendstunden wird er rege von Joggern und Radsportlern genutzt.

Bereits um 6 Uhr morgens klingelt der Wecker, was auf ein außergewöhnliches Ereignis hindeutet. Rocky muss heute zur Polizeikontrolle. Fahrzeuge dürfen Panama nur verlassen, wenn sichergestellt ist, dass nichts gegen sie vorliegt. Irgendwelche Verkehrsbussen spielen dabei keine Rolle. Jedoch wird über Interpol geprüft, dass Rocky wirklich uns gehört.
Dazu müssen wir am frühen Montag an der Ecke eines heruntergekommenen Quartiers der Stadt antreten, wo die Polizei die Rahmennummer des Fahrzeugs mit den Dokumenten vergleicht. Während Marcel die Originaldokumente quer über der mehrspurige Strasse in der Nationalen Direktion für gerichtliche Ermittlungen abgibt, kümmert sich Erika um das Frühstück. Dann heisst es Warten. Ab 13 Uhr können die Dokumente wieder abgeholt werden. Wir nutzen die Zeit, um in der Stadt ein paar Sachen einzukaufen, die sonst schwer zu bekommen sind. Hier gibt es die entsprechenden Spezialgeschäfte für eine Regenrinne und einen neuen Akku für die Bohrmaschine.
Wir sind pünktlich zurück, aber es dauert noch einmal eine Dreiviertelstunde bis die Dokumente fertig sind. Wir haben Glück gehabt, Rocky hat eine reine Weste, es liegt nichts gegen ihn vor. Schritt 1 für die Verschiffung nach Kolumbien ist geschafft.

Ja, Rocky muss wieder einmal eine Seereise antreten, den zwischen Panama und Kolumbien klafft eine etwa 100 km lange Lücke in der Panamericana. Das Darién Gap ist ein wildes Gebiet zwischen Mittel- und Südamerika. Auf panamaischer Seite besteht die Region aus dichtem, bergigem, tropischem Regenwald, der Höhen von über 1.800 Metern erreicht. Auf kolumbianischer Seite wird das Gebiet von einer 80 Kilometer breiten Fläche aus Sümpfen und Mooren dominiert, in denen es von Moskitos wimmelt.
Derzeit gibt es keine ernsthaften Versuche, eine durchgehende Infrastruktur wie Straßen oder Brücken zu bauen. Die USA wissen das zu verhindern, den jetzt schon durchqueren jährlich mehrere 10’000 Migranten unter großer Lebensgefahr den Darién-Dschungel, um Panama und schließlich Nordamerika zu erreichen.
Mit dem Auto gelang nach mehreren Fehlversuchen, 1985 oder besser gesagt von 1985 bis 1987, die erste vollständige Überlandüberquerung des Darién Gap. Die Expedition brauchte für die 201 Kilometer mit einem Jeep ganze 741 Tage! Das sind durchschnittlich 271 Meter pro Tag.

Unser Verschiffungstermin nach Kolumbien rückt immer näher. Darum fahren wir schon mal auf die Karibikseite, wo Rocky verladen werden soll. Am nördlichen Eingang zum Kanal gibt es noch einmal Interessantes zu sehen. Aus Sorge vor der wachsenden Größe der Schiffe und den zunehmenden Engpässen hat Panama den Kanal erweitert. Der Fahrweg wurde ausgebaggert und neben dem bestehenden Schleusen neue grössere Schleusen gebaut. Seit der Neueröffnung 2016 können nun 97% aller Schiffstypen den Kanal durchqueren.
Das Besucherzentrum der neuen Agua Clara Schleusen bietet einen Panoramablick auf die Erweiterung des Panamakanals. Wir kommen gerade rechtzeitig um das Anheben eines riesigen Containerschiffs der Panama 2. Klasse mitzuerleben. Dreimal werden die Schleusen hinter dem Schiff geschlossen, dreimal wird der Koloss in der Schleusenkammer um 9 Meter angehoben, dann entschwindet er in den Gatun See.
Alle Schiffe müssen für die Durchfahrt des Panamakanals eine Gebühr entrichten. Die Gebühren sind hoch und variieren je nach Schiffstyp, Größe und Kapazität. Während im Durchschnitt etwa 600’000 US$ anfallen, bezahlt ein Containerriese voll beladen mit 8’000 Container die stolze Summe von 1.3 Millionen. Das ist jedoch immer noch nur ein Bruchteil von den Kosten, die die Umschiffung von Südamerika kosten würde. Die niedrigste Maut bis dato wurde von Richard Halliburton erhoben, der 1928 den Kanal der Länge nach durchschwamm. Sein Tarif? Satte 36 Cent.

Nachdem wir uns satt gesehen haben, überqueren wir den Kanal auf der Puente Atlántico. Die imposante Schrägseilbrücke, die erste auf der Atlantik Seite des Kanals, erschließt seit 2019 eine Region mit über 40’000 Einwohnern und ersetzt die Panamakanal-Fähre. Allerdings nutzen täglich nur etwa 1’000 Fahrzeuge das 300 Millionen Dollar teure Bauwerk. Uns gefällt es, zumal man von der 80 m hohen Brücke einen guten Blick auf die drei Kilometer entfernten Schleusenkomplexe Gatun und Agua Clara hat.

Auf der anderen Seite angekommen, fahren wir zu den Schleusen von Gatun. Es gibt dort zwar kein Besucherzentrum, aber gemäss iOverlander soll ein Parkplatz direkt bei den Anlagen eine gute Sicht bieten. Das sieht die schwer bewaffnete Kanalaufsicht nicht so und will uns wieder wegschicken. Leider verstehen wir ihr Spanisch nicht und sie nicht unseres. Am Ende verlassen sie uns mit dem Versprechen, dass wir nicht näher an die Absperrung gehen.
Uns reicht das, um das rege Treiben in den Schleusen zu beobachten. Von Rocky’s Dach aus stört auch der Zaun nur wenig. Vor allem die silbern glänzenden Elektrolokomotiven faszinieren, die die Schiffe durch die Schleusen leiten. Es ist lustig anzusehen, wir sie über die steilen Rampen zwischen den einzelnen Schleusenkammern kippen.

Am Abend erreicht uns die Nachricht, dass unsere Lithium Batterie von der Reederei nicht für den Transport akzeptiert wird, nicht einmal als Gefahrengut. Unverständlich, ist es doch eine sichere LiFePo4 mit ausdrücklicher Zulassung für Seetransport. Nichts zu machen, unsere Agentin muss auf eine andere Reederei umbuchen. Ob das noch zum geplanten Verschiffungstermin reicht, werden wir erst nach dem Wochenende erfahren.

Nach Fort Sherman, einem verlassenen Stützpunkt der US Armee, führt uns eine gepflegte Asphaltstrasse 10 km quer durch den dichten Dschungel zum Castillo de San Lorenzo Real de Chagres. Schätze, die die Spanier in Peru und Bolivien erbeutet hatten, wurden in der Mündung des Rio Chagres auf Schiffe nach Europa verladen. Bald wurde der Ort von Piraten und Freibeutern belagert und angegriffen, sodass König Philipp II. von Spanien „der Kluge“ den Bau der Burg San Lorenzo befahl. Die Festung schüchterte jedoch die Piraten nicht ein. Bereits während dem Bau wurde sie vom englischen Piraten Francis Drake angegriffen. Jahre später eroberte der walisische Pirat Henry Morgan das Fort und zerstörte es.
Die Ruinen des Fuerte San Lorenzo wurden erst kürzlich renoviert, wohl um den UNESCO Status zu behalten. So ist es nun ein schönes Erlebnis, ein Stück Geschichte in einer spannenden Landschaft am Fluss, am Meer und doch mitten im Dschungel.

Neben Chagres war auch Portobelo ein wichtiger, von mächtigen Forts beschützter Hafen in der spanischen Kolonialzeit. Auch hier erzählen die Mauern Geschichten von Eroberern und Piraten. Mehrere Festungen aus dem 17. Jahrhundert mit ihren verrosteten Kanonen kann man in und um die Stadt sehen. Leider sind sie alle in ziemlich bedenklichem Zustand. Aber es gibt auch andere charakteristische Gebäude wie das Königliche Zollhaus und die Kirche des Schwarzen Christus, auch bekannt als der Nazarener von Portobelo. Der Legende nach wurde das Bildnis von einem Fischer gefunden, der es in einem Kanu am Ufer eines Naturhafens entdeckte. Als die Spanier von der Anwesenheit des Heiligen erfuhren, beschlossen sie, ihn in ein anderes Land auf dem Kontinent zu bringen. Der Geschichte zufolge kam jedoch jedes Mal, wenn das Schiff in See stechen wollte, ein Sturm auf, der es daran hinderte, den Hafen zu verlassen.
Wir beschliessen unseren Besuch von Portobelo mit einem Besuch im Restaurante «Cueva de Morgan”, wo uns der italienische Besitzer mit hervorragenden Spaghetti verwöhnt.

Auf dem Stellplatz La Granja in der Nähe von Colón bereiten wir Rocky weiter auf die Verschiffung vor, als die Nachricht kommt, dass aus der vorgesehenen Verladung auf das Flatrack am 11. Februar nichts wird. Ein neuer Termin ist noch nicht bekannt. Der Frust ist gross. Zum Valentinstag erhalten wir dann die ersehnte schriftliche Buchungsbestätigung. Allerdings ist die Verladung erst am 26. Februar. Das Containerschiff CMA CGM Vela soll dann am 2. März nach Cartagena auslaufen.
Schlechte Nachrichten, aber jetzt können wir wenigstens planen. Wir füllen Diesel, Gas, Wasser und Kühlschrank wieder auf und fahren für ein paar Tage auf den Campingplatz El Paraiso Escondido an der Karibikküste oberhalb Portobelo. Wir treffen Birgit und Gert für ein gemütliches Wochenende. Die beiden Deutschen fahren mit ihrem Landi die Panamericana in nördlicher Richtung und so gibt es viel Interessantes auszutauschen. Das Wetter ist sonnig, das Wasser schimmert in karibischen Blautönen, nur die Lautstärke der Musik der einheimischen Gäste ist eher grenzwertig.

Rocky’s Polizei Rapport war nur 8 Tage gültig und muss vor der Verladung erneuert werden. Also übernachten wir wieder einmal in Panama City, um dann am Tag darauf früh bei der Inspektion aufkreuzen zu können. Auf dem Amador Causeway treffen wir uns mit Ana und Angelo, die wir das letzte Mal in Yucatan getroffen haben, sowie Michi und Andy. Die Vier wollen ihre beiden Fahrzeuge auch nach Kolumbien verschiffen und müssen sich mit ähnlichen Problemen wie wir auseinandersetzen.
Die Nacht am Strassenrand war laut und so geht es nach wenig Schlaf zur Polizeiinspektion. Rocky wird gleich als erster inspiziert, obwohl er nur mit Startnummer 10 ins Rennen ging. Man kennt sich eben. Da wir jetzt beim zweiten Mal schon mit den Abläufen vertraut sind, erscheinen auch die Wartezeiten erträglicher.

Für die restlichen Tage bis zur Verschiffung fahren wir hoch in die kühleren Berge. Lustigerweise nennt sich der Campingplatz auf fast 600m Höhe gleich wie der an der Karibik: Paraiso Escondido. Die Anfahrt zum versteckten Paradies hat es in sich. Zuerst geht es auf schmaler Strasse hoch auf 800 m. Es ist Vorsicht geboten, wachsen doch teilweise die Bäume erheblich in die Fahrspur hinein. Auch ein paar Kabel hängen tief über der Stasse. Für das letzte steile Stück Naturstrasse nach unten zum Zeltplatz, darf Rocky nach langer Zeit wieder einmal im Geländegang fahren. Wir kommen sicher an und werden mit einer Weitsicht bis zum Pazifik belohnt.

Ein letzter Check mit der Agentin, alle Zeichen für die Verladung stehen auf Grün. Höchste Zeit unsere Flüge nach Cartagena und ein Hotel für die letzten Tage in Panama zu buchen. Wir freuen uns auf ein paar schöne Tage in der Altstadt, zumal gerade noch Karneval ist.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Am nächsten Tag wird uns per WhatsApp von der Reederei mitgeteilt, dass für das Schiff CMA CGM VELA mit Abfahrt 2. März 2025 die Reservierungen aufgrund von Gewichtsbeschränkungen auf die nächste Abfahrt am 11. März 2025 verschoben wurden. BINGO.
Natürlich sind Gas, Diesel und Kühlschrank schon fast auf dem Minimum, zudem läuft das temporäre Importpermit für Rocky bald ab, nicht zu reden von Rocky’s Führungszeugnis von der Polizei, das jeweils nur 8 Tage gültig ist. Wir beschliessen, unser Fahrzeug trotzdem am Hafen abzugeben, uns wie geplant, gebucht und bezahlt auf den Weg nach Cartagena zu machen und dort ein paar zusätzliche schöne Tage ohne Auto zu verbringen.
Noch einmal campen wir 2 Tage an unserem Lieblingsplatz am Panamakanal bei Gamboa und bereiten Rocky endgültig auf seine Seereise vor.

Mit einem etwas flauen Gefühl im Magen übergeben wir Rocky in die Obhut der Reederei Neptune in Colón. In der Zwischenzeit wurde die Verschiffung schon wieder um eine Woche verschoben, da das vorgesehene Schiff den Hafen in Colón gar nicht anläuft. Unglaublich! Wir ärgern uns kurz, aber was soll’s, wir können daran nichts ändern. Dann gibt es halt ein paar Tage mehr auf einer einsamen Insel in der Nähe von Cartagena oder so.

Die Bus bringt uns zurück nach Panama City. Die nächsten Tage verbringen wir in der Altstadt Casco Viejo, wo wir Gert und Brigit auf ein Stück feinen Kuchen treffen. Das Viertel liegt auf einer schmalen Halbinsel, umgeben von einem gefährlichen Riff. Die Spanier wählten es aus, weil sie es für einen idealen Ort zur Verteidigung gegen Piraten hielten, die auf der Suche nach ihrem gestohlenen Gold waren. Jahrhunderte später kam es zu einem neuen Angriff, diesmal durch die  Amerikaner, die auf der Suche nach dem Diktator Manuel Noriega in Panama einmarschierten.
Casco Viejo mit seiner mit spanischer Kolonialarchitektur ist ein Juwel, das der Außenwelt weitgehend unbekannt war, bis es die UNESCO 1997 zum Weltkulturerbe ernannte. Kurz darauf begannen ausländische Investoren das damals heruntergekommene Elendsviertel zu übernehmen und zu restaurieren. Die ursprünglichen Bewohner wurden einfach verdrängt.

Heute findet sich in Casco Viejo ein scharfer Kontrast zwischen Alt und Neu, Arm und Reich, Einheimischem und Fremdem. Die Architektur erinnert uns stark an das French Quarter in New Orleans. Auf teils schwindelerregenden 142 Stufen steigen wir hoch auf den Turm der Iglesia San Francisco De Asis. Von oben sehen wir auf die Dächer der alten Stadt und die Plaza Simón Bolívar. In die andere Richtung, über dem Präsidentenpalast, eröffnet sich die Aussicht auf die Bucht und die Skyline der modernen Stadt Panama City.

Und aus dieser Richtung, von der Cinta Costera, dem über sieben Kilometer langer öffentlicher Erholungsraum entlang der Bucht von Panama, ertönt laute Musik. Es herrscht Carneval in Panama City. Doch es ist nicht der Carneval, den wir uns erhofft haben. Kein Umzug, keine Masken, keine pulsierenden Samba Rhythmen. Von einer Bühne mit überdimensionierten Lautsprechern schalt ohrenbetäubende Rappmusik, davor feiert eine tanzende Menge und wird ab einen Tanklastwagen mit Wasser besprüht. Während es ihnen sichtlich gefällt, ziehen wir uns schnell wieder in ruhigere Gefilde zurück.

Am 2. März um 13h36 startet unsere Wingo Flug P7086 vom Flughafen Panama Pacifico nach Cartagena, Kolumbien, Südamerika.

Nach fast genau 2 Jahren und 10 Monaten verlassen wir den nordamerikanischen Kontinent. 90’000 km waren wir mit Rocky in Nord- und Zentralamerika unterwegs. Viel, sehr viel durften wir erleben:
Weite Wälder, tiefe Canyons und brodelnde Geysire lagen auf unserem Weg. Ein Vulkan rauchte, ein anderer spie gar gefährlich Feuer. Und immer wieder standen wir am Meer, mal am Atlantik, mal am Pazifik und gar am Eismeer, hoch oben im Norden.
Felsenwohnungen der Indianer, präkolumbischen Bauwerke der Mayas oder Überreste der ersten europäischen Siedler in Amerika, faszinierten uns in ihrer Einfachheit und Genialität der Bauweisen.  

Wir haben Bären und Elche beobachtet und den Streifenhörnchen beim Spielen zugesehen.  Wale sprangen vor unseren staunenden Augen hoch aus dem Wasser. Unzähligen Vögeln haben wir gelauscht und versucht, sie in den Bäumen zu erkennen. Eher zufällig sind wir dem Zug unsere Kraniche gefolgt; von Alaska bis zur mexikanischen Grenze haben wir sie immer mal wieder angetroffen.

Und natürlich sind wir vielen Menschen begegnet. Den weltoffenen Familien, auf deren Grundstück wir übernachten durften, den wissbegierigen Inuit in Tuktoyaktuk, den fiedelnden Bluegrass Musikern in Ridgefield, den Tänzern in Oaxaca und den farbenfrohen Mayas in Chichicastenango. All die natürlichen, fröhlich lachenden Leute in Mexiko und Zentralamerika haben täglich unsere Herzen erwärmt. Wir halten sie alle sehr gerne in Erinnerung.

Goodbye, adiós. ¡Nos vemos!

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Panama I
03.01.2025 – 31.01.2025

4 thoughts on “Panama II”

  1. Hoi Loki & Erika,
    ganz mega gute Infos, gewaltig emotional!!!!!!
    Schön, dass ihr nun in Südamerika das Leben weiter geniesst.
    Wir sind momentan wieder in Thailand und gegen Ende März zurück in Sax, – dann geht es aber bald wieder mit dem Camper in Europa unterwegs.
    Mega liebe Grüsse senden euch Suki und Sonja 😘😘

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