New Mexico, Colorado, Utah, Arizona, Wyoming
29. April 2023 bis 28. Mai 2023
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ie USA hat uns wieder und alles ist „great again“. Das Sortiment und die Packungsgrössen im Walmart, die Breite der Strassen, die Wohnwagen auf dem Campingplatz. Es gibt wieder Galonen (1 gal = 3.78 l) und Meilen (1 mi = 1.6 km). Die Temperatur wird wieder in Fahrenheit gemessen, 25°C sind hier stolze 77°F. Und auch die Preise sind wertmässig höher. Nur der Diesel kostet etwas weniger als in Mexiko.
Nach 6 Monaten gemeinsamem Erleben, Entdecken und Geniessen verabschieden wir uns von Max und Marion. Für die nächste Zeit wird jedes Paar für sich seine Spuren entdecken, seine Abenteuer erleben und seine Freiheiten geniessen.
Uns zieht es zum Bandelier National Monument, westlich von Santa Fe. Auf dem Weg dahin leuchten im Hintergrund weisse Bergspitzen. Hoffentlich liegt an unserem Ziel kein Schnee mehr. In jedem Wetterbericht lesen wir die Warnung vor Hochwasser wegen der Schneeschmelze. Wir überqueren den Rio Grande und stellen fest, dass das Wasser fast überläuft. Erstaunlicherweise war der Fluss 400 km weiter südlich und 100 km von der mexikanischen Grenze ganz ausgetrocknet!
Je näher wir dem Bandelier National Monument kommen, umso mehr begeistern uns die Felswände in Rottönen, mit weissen Bändern, gelocht wie Schweizerkäse. Es gefällt es uns jetzt schon in dieser Gegend.
Die Bandelier-Landschaft formte sich durch die Erosion von Vulkangestein, hauptsächlich Tuffstein mit vielen natürlichen Hohlräumen. Diese ergaben sich durch Lufteinschlüsse in Ascheablagerungen von Vulkanausbrüchen. Diese Hohlräume können einen Durchmesser von 3 bis 6 m haben und wurden von den Anasazi-Völkern vor Jahren als Grundlage für ihre Häuser genutzt. Ausgewählte Hohlräume wurden vergrössert, miteinander verbunden und erweitert. So entstanden ganze Pueblos mit Felsenhäusern, die sich über mehrere Kilometer dieses felsigen Landes erstreckten.
Am Boden des bewaldeten Frijoles Canyons liegen die Überreste eines indianischen Rundhauses. Das Yni hatte über 400 Zimmer und war teilweise 2-stöckig gebaut. Alle Räume waren nur von oben über das Dach mit einer Leiter zugänglich. Etwa 100 Menschen lebten hier mit weiteren 400 Personen in den Klippenwohnungen über Ihnen. Der Trail vom Campingplatz führt uns von oben in den Canyon und erlaubt tolle Einblicke in die Natur und die Ruinen.
Eine holprige Piste führt über die einsame Hochebene südlich von Farmington in den Chaco Canyon. Im abgelegenen und unwirtlichen Canyon florierte vor 1000 Jahren eines der wichtigsten Siedlungszentren der Anasazi-Kultur. Der Chaco Canyon war Zentrum des zeremoniellen Geschehens, des Handels und der Verwaltung. Noch heute ist es Teil des heiligen Landes der Pueblo-Indianer New Mexicos, der Hopi Arizonas und der Diné. Auf der der breiten Talsohle gibt es die recht gut erhaltenen Reste von 13 ehemaligen Pueblo-Komplexen zu bewundern. Teilweise besassen diese Bauten vier Stockwerke und mehrere Hundert Einzelräume. Besonders eindrücklich ist das Pueblo Bonito oder das Casa Rinconada, durch deren Mauern wir schlüpfen können.
Der Campingplatz im Chaco Canyon ist leider voll, so müssen wir die ganze Holperpiste wieder zurück. Etwas weiter zeigt die App einen Picknickplatz nicht weit neben dem Highway, mitten in der Hochebene. Von wegen Ebene. Am Ziel angekommen eröffnet sich ein weiter Canyon der Angel Peak Badlands. Tief liegt er unter uns, Felsformationen in den schönsten Formen und Farben. Wellen, Kanten, Säulen, Spitzen mit und ohne Pilzhütchen. Grauweiss mit dunkelrot, gelb und braun, fast ein bisschen blau. Im Hintergrund ragt der Angel Peak spitzig zum Himmel, er konnte wohl Wind und Wetter besser entgegenhalten.
Nach einer windigen Nacht am Abhang des Canyons, zaubert die Sonne am Morgen neue Farben in die steinige Öde. Ja, wir sind definitiv im Land der Canyons angekommen. Nach jeder Kurve, jeder Erhebung tauchen neue Schluchten und Felswände in allen Farben und Formen auf.
Vorerst geht es jedoch noch einmal zu den Spuren der indianischen Ureinwohner. Und auf der Anfahrt zum berühmten Mesa Verde ändert sich plötzlich auch die Landschaft. Wir fahren in den Bundesstaat Colorado und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus. Wo vorher noch Felswände und öde Steppen vorherrschten, ist es frisches Grün bis hoch hinauf. Auf den Bergen liegt noch Schnee. Skilifte, voralpiner Wald und Weiden prägen die Landschaft.
Im Besucherzentrum des Mesa Verde Nationalparks erfahren wir, dass Teile des Parks noch geschlossen sind. Der Schnee lag diesen Winter sehr hoch und ist eben erst geschmolzen. Wie haben das die Vorfahren der Pueblo Indianer nur gemacht, die vor 1’400 Jahren das ganze Jahr hier auf 2’500 m lebten. Wir schauen uns Ihre Felsbehausungen aus übersichtlicher Distanz an, da Führungen noch nicht verfügbar sind. Hier sind es nicht einzelne Häuser wie im Bandelier, sondern ganze Dörfer, die sich in den Höhlen verstecken. Schön, interessant und eindrücklich.
Ein kurzer Spaziergang durch einen knorrigen Wald öffnet den Blick auf das Balcony House und in die Soda Schlucht. Beim Rückweg kreuzt eine Schlange, eine Gophernatter, unseren Weg und erschreckt uns heftig. Aber sie wollte so wenig von uns wie wir von ihr.
Früh geht’s Richtung Westen. Ackerbau, grünes Land links und rechts. Dann wird es wieder öder und trocken, scheinbar flach. Wir sind im Natural Bridges National Monument angekommen und erwischen gerade noch einen Stellplatz auf dem Parkcamping. Nach dem Mittagessen ziehen wir los. Das scheinbar flache Land öffnet sich zum White Canyon. Und schon sehen wir sie, die erste der drei natürlichen Brücken, die Sipapu Bridge. Der Fluss zog hier früher eine Schleife. Das Wasser hat den Fels in der Schleife immer mehr abgetragen, bis ein Durchbruch entstand, dessen Decke stehen blieb: die Brücke war entstanden. Erstaunlich wie sich hier das Wasser den Weg durch den Felsen gesucht hat. Die Felsformationen im Kontrast mit der grünen Vegetation, die hohe Felsbrücke tief unten am Fluss locken Marcel so sehr, dass er den steilen, nicht einfachen Abstieg bis unter die Brücke wagt. Er wird nicht enttäuscht. Wieder oben, ist kaum Zeit zum Luft holen. Ein Stück weiter dem Scenic Drive entlang wartet die weit dickere Kachina Bridge. Obwohl auch diese nicht weniger sehenswert ist, betrachten wir sie diesmal nur von oben. Zur dritten, die Oowachoomo Bridge, ist der Abstieg nicht all zu weit. Sie ist die dünnste der drei Brücken und eigentlich keine Brücke, sondern ein Bogen, ein Arch. Brücke darf sich nur nennen, wo das Wasser der Baumeister war, und nicht «nur» die Erosion.
Valley of the Gods , Tal der Götter, tönt himmlisch, genau unser Ding. Doch die Zufahrt soll höllisch sein: die gefährlichste Strasse Utahs, für Wohnmobile und Fahrzeuge mit Anhänger nicht empfohlen. Das nicht geteerte Teilstück des Highway 261 nennt sich «Moki Dugway», führt über nur 3 Meilen 1’000 Fuss eine Riffkante hinunter. Wir wagen es trotzdem, 340 m Höhendifferenz auf 4.8 km tönt ja auch viel weniger schlimm. Die Stelle entpuppt sich als ein kurzes Stück breite Bergstrasse mit 5 Spitzkehren. Neben der Fahrbahn geht es steil in den Abgrund, ohne Leitplanken. Aber sonst kein Vergleich zu einem Schweizer Alpenpass.
Heil unten angekommen schwenken wir ab auf die Naturstrasse ins Valley of the Gods. Die 26 km lange Naturstrasse führt uns durch das Göttertal, ein Miniatur Monument Valley. Und da stehen sie, wie bei Lucky Luke. Rot und mächtig. «Lady in the Bathtub», «Rudolph and Santa Claus», «Rooster», «Setting Hen» und wie sie alle heissen. Unsere Kameras werden strapaziert. Alle paar Meter sehen die Felsformationen anders aus und müssen erneut festgehalten werden. Mittendrin, mitten am Tag stellen wir uns abseits der Strasse in die Ebene und lassen die roten Götter im sich ändernden Sonnenlicht auf uns wirken. Als die Felsformationen dann in die dunkle Nacht gleiten, erstrahlt über der Wüste ein unglaublicher Sternenhimmel.
Vor Millionen von Jahren floss der San Juan River in engen Schleifen durch eine flache Ebene, ähnlich wie heute der Mississippi. Als sich das Colorado Plateau langsam anhob, schnitt sich der Fluss nach unten, folgte seinem ursprünglichen Muster und schnitzte so die 300 m tiefe, mäandernde Schucht. Dort wo der Schwanenhals am schönsten ist, wo gleich zwei Schlaufen auf einen Blick sichtbar sind, dort liegt der Gooseneck State Park. So haben wir heute wieder einmal eine exklusive Terrasse vor Rocky: Von unserem Stellplatz aus können wir direkt auf den Fluss tief unter uns sehen.
Wer hat in nicht gesehen, den Film «Forrest Gump». Tom Hanks läuft darin als gutmütiger, leicht gehbehinderter und mit einem IQ von nur 75 ausgestatteter Forrest Gump unaufhaltsam durch ganz Amerika und viele tun es im gleich. Und dann steht er plötzlich still, mitten auf einer unendlich geraden Strasse, mitten in der Wüste Utahs, vor den Toren des Monument Valleys. Und genau an diesem Ort stehen auch wir, mitten in der Strasse und machen das eine Foto, wie viele andere auch: Schnurgerade Strasse im Morgenlicht mit Monument Valley im Hintergrund. Das Monument Valley selbst lassen wir aus, Wohnmobile sind dort nicht zugelassen.
Wir übernachten in der Lone Rock Beach Camping Area, mitten im Lake Powell. Oder zumindest dort, wo der See sein sollte. „Badewannenringe“, kalkweisse Mineralablagerungen an den Wänden des Canyons, dienen als visuelle Markierungen für die Blütezeit des Stausees. Eine seit 14 Jahren anhaltende Dürre in der Region hat dazu geführt, dass der Lake Powell langsam austrocknet. Der zweitgrösste Stausee der USA hat nur noch 23 % seiner Kapazität, den niedrigsten Stand seit seiner Befüllung in den 1960er Jahren. Und das bedroht Städte wie Phoenix, San Diego oder Los Angeles, die ohne den Lake Powell so nicht existieren könnten.
Den Glen Canyon Dam, der das Wasser des Colorado River zähmt, bleibt trotzdem imposant und sehenswert. Der 216 m hohe Betonbogendamm mit einer Scheitellänge von 475 m hält das Wasser des 300 km langen Lake Powell zurück.
Ganz in der Nähe liegt zudem der berühmte Horsehoe Bend, die hufeisenförmige Kurve des Colorado River. Von einer (gut besuchten) Aussichtsplattform hat man einen schönen Blick auf den grün strahlenden Fluss. Für uns einmal mehr erstaunlich: Obwohl die Felsen bei der Plattform mehr als 300 m fast senkrecht in den Colorado abfallen, ist nur ein kurzes Stück mit einem Geländer gesichert. Der Rest ist frei zugänglich.
Wenn ein Ort auf unserer «must see» Liste fest rot markiert war, dann ist das der Antilope Canyon bei Page am Lake Powell. Und jetzt das: Der Lower oder Upper Antilope Canyon kann nur mit einer Führung begangen werden, die kostet mehr als 150 Dollar pro Person und ist meist lange im Voraus ausgebucht. Zufällig stossen wir aber bei der Stellplatzsuche auf den Canyon X. Die Referenzen sind ausgezeichnet, Plätze sind verfügbar, 50 Dollar sind tragbar. Gebucht.
Und wir werden nicht enttäuscht. Nachdem man durch den schmalen Felsspalt des Slot Canyon tritt, ist man sofort in seinen Bann gezogen. Leuchtend rote und geschwungene Felswände umgeben einen, man kommt sich vor, wie an einem verzauberten Ort. Je nachdem wie die Sonne steht, erstrahlen die Felswände in allen möglichen Rot- und Orangetönen, manchmal auch in braun und grau. Unglaublich vielfältig! Wir können gar nicht aufhören zu staunen, das Farbenspiel des Sandsteins ist einfach unglaublich fotogen!
Rocky muss wieder einmal eine Werkstatt von innen sehen. Ein Sensor ist kaputt, ein Ölwechsel ist fällig und nach über 70’000 km wollen die Reifen ersetzt werden. Bei Deutschland Autowerks in St. Georg ist alles in guten Händen. Ersatzteile und Reifen sollen in 2 Tagen eintreffen.
Wir verbringen die Wartezeit im nahen Snow Canyon State Park (Nein, da liegt kein Schnee mehr). Das Tal bietet eine kontrastreiche Kulisse mit hoch aufragender Sandsteinfelsen in den Farben weiss und rot als Hintergrund und versteinerten Sanddünen im Zentrum. Ein Durcheinander aus schwarzem Lavagestein bedeckt einige Bergrücken und stürzt die Hänge hinab. Das ganze Bild wird abgerundet durch zartes Frühlingsgrün, das aus den Schlackenkegeln spriesst. Auf einer längeren Wanderung durch die Szenerie erwartet uns nach jeder Kurve ein neues Farbenspiel.
Rocky ist wieder voll im Schuss. Auf neuen Sohlen geht es auf dem Zion – Mt. Carmel Highway quer durch den Zion-Nationalpark. Die malerische Fahrt auf dem schmalen und kurvenreichen Zion Scenic Drive beeindruckt mit Ausblicken auf «Schritt und Tritt», vorbei an Überhängen, hohen Klippen und tiefen Schluchten. Etwa in der Mitte führt der Strecke durch den fast 100-jährigen Carmel Tunnel. Der Tunnel ist für Fahrzeuge konzipiert, die nicht höher als 3.35 m und nicht breiter als 2.4 m sind. Heutzutage passieren ihn mehr Fahrzeuge, die grösser sind, als man sich damals hätte vorstellen können. An beiden Eingängen des Tunnels wartet ein Ranger, der die Fahrzeuge genauestens ausmisst. Beim Überschreiten der Abmessungen erhebt er eine Gebühr und veranlasst das Anhalten des Verkehrs aus der Gegenrichtung, bis es den gesamten Tunnel durchquert hat. Wir haben Glück, der schmale Rocky passt durch. Nur die Rückspiegel müssen wir einklappen.
Das Grand Staircase – Escalante National Monument, die grosse Treppe, ist keine gewöhnliche Treppe. Die unterste Schicht ist die tiefe Bodenschicht des Grand Canyon in Arizona und die rosafarbenen Hoodoos des Bryce Canyon sind die oberste Schicht. Das Gebiet ist so riesig und es führen so viele Strassen aus allen Richtungen dorthin und durch, dass es schwierig ist herauszufinden, wo man etwas Interessantes finden kann.
Wir entscheiden uns für die 55 km lange, unbefestigte Skutumpah Road, die sich an einigen tollen Slot-Canyons vorbeischlängelt. Das Wetter scheint stabil, denn wenn die Strasse nass ist, ist sie unpassierbar. Die ersten 30 km in Richtung Norden sind flach und gut gepflegt. Der nächste Abschnitt ist viel rauer mit steilen und kurvenreichen Strassen entlang von Felswänden. Den Bull Valley Gorge überqueren wir auf einer schmalen Brücke. Beim Blick darunter, entdecken wir den alten Pick-up, der in einer Felsspalte feststeckt. Unser Slot-Canyon-Abenteuer im Willis Creek endet leider schon nach ein paar hundert Meter, als der Pfad komplett im hochgehenden Flüsschen verschwindet.
Dafür finden wir ganz in der Nähe ein verwunschenes Übernachtungsplätzchen mit unglaublicher Aussicht auf den Bryce Canyon und das Kodachrome Becken in der Abendsonne.
Unerwartet zieht in der Nacht ein starkes Gewitter durch. Am Morgen ist es aber wieder trocken und so starten wir auf die restlichen 8 km. Was anfangs gut geht, wird in der ersten starken Neigung zum Desaster. In der Kurve rutscht Rocky auf dem schlammigen Untergrund einfach seitlich ab, fast schon im Stillstand. Wir unterlegen die spärlich vorhandenen Steine, bringen sie immer wieder vor die Räder, Stück für Stück, obwohl wir selbst auf dem schmierigen Untergrund kaum Halt finden. Nach mehr als einer Stunde mühseliger Arbeit auf der rutschigen Strasse haben wir ihn wieder auf der richtigen Spur und können in die nächste Ausstellbucht vorziehen. Hier warten wir weitere zwei Stunden, dass sich die Strasse an der Sonne abtrocknet. Dann wagen wir es. Da und dort ist es noch ziemlich schlammig, aber dann haben wir wieder Asphalt unter den Rädern. Gottseidank. Wir haben heute viel gelernt.
Der Bryce Canyon ist im eigentlichen Sinne kein klassischer Canyon, da er nicht wie üblich durch einen Fluss geformt wurde. An etwa 200 Tagen im Jahr steigt die Temperatur tagsüber über dem Gefrierpunkt und sinkt nachts darunter. Somit ist seine Existenz vorwiegend auf das Zusammenwirken von Wasser und Eis zurückzuführen, das auch für die einzigartig geformten, bunten Felsnadeln verantwortlich ist.
Vom Sunset Point aus steigen wir im Zickzack steil hinunter in den Canyon. Umgeben von leuchtend roten Hoodoos wandern wir durch den Canyon. Der Blick geht andauernd von rechts nach links, man weiss gar nicht, wo man zuerst hinsehen beziehungsweise, wovon man zuerst ein Foto machen soll. Wenn die Sonne die Farben der einzelnen Säulen, die durch Eisenoxid und Mangan zustande kommen, in verschiedenen Schattierungen zum Leuchten bringt, dann hat dieses von Mutter Natur geschaffene Amphitheater etwas Märchenhaftes an sich. Der Anblick ist eigentlich kaum in Worte zu fassen, man muss es einfach mit eigenen Augen gesehen haben.
Die rund 30 Kilometer lange Fahrt mit zu den diversen Aussichtspunkten darf natürlich auch nicht fehlen! Von diesen hat man wundervolle Blicke auf das Amphitheater und den Canyon. Erst hier wird einem die Grösse des Bryce Canyon so richtig bewusst.
Die Landschaft im Kodachrome Basin State Park ist spitzig und wird von 67 monolithischen Steintürmen dominiert, die Sedimentrohre genannt werden. Sie betonen vielfarbige Sandsteinschichten, die 180 Millionen Jahre geologischer Zeit offenbaren. Die hier zu findende Farbe und Schönheit veranlasste 1948 eine Expedition der National Geographic Society, das Gebiet nach dem damals beliebten Farbfilm Kodachrome zu benennen. Über den genauen Ursprung der Rohre sind sich die Geologen nicht sicher. Es wurden jedoch mehrere Theorien aufgestellt, die ihre Entstehung erklären könnten. Unabhängig davon, wie sie geformt wurden, bieten die Rohre eine Landschaft, die im Kodachrome-Becken wirklich einzigartig ist.
Ab dem Kodachrome Basin fahren wir auf dem Scenic Byway UT-12 weiter durch die Landschaft aus Canyons, Hochebenen und Täler. Diese gut ausgebaute Nebenstrasse soll eine der malerischsten Panoramastrassen in den Vereinigten Staaten sein. Wir können das nur bestätigen. Nach Escalante färbt sich die Landschaft rot und cremeweiss. Für einen unglaublichen Blick auf den Escalante Canyon legen wir einen ersten Stopp am Head of the Rocks Aussichtspunkt ein. Nur 4 km weiter durch, steile Wände aus glattem rotem Felsen, bietet der Boynton Overlook ebenfalls einen tollen Blick auf das vom Escalante River geformte Tal. Vor der Ortschaft Boulder führen einige aufregende Kilometer über den Kamm des Hogback Ridge. Unmittelbar links und rechts der Strasse geht es steil bergab in die Creeks, ohne Leitplanken, dafür folgt eine S-Kurve der anderen.
An der Flanke des Bluebell Knoll, gesäumt von Espen und Kiefern, geht es nach Boulder fast 900 m in die Höhe. Schneefelder säumen öfters die Strasse. Auf über 2’900 Meter über Meer geniessen wir ein weites Panorama. Dass in der Ferne ein Gewitter tobt, macht die Farbzusammenstellung noch interessanter.
Der ebenso malerische Scenic Byway UT-24 ist die natürliche Fortsetzung des unglaublichen UT-12. Als erstes passieren wir die hoch aufragende rote Wand von Waterpocket Fold, dem nördlichen Teil des Capitol Reef National Park . Der Park erhielt seinen Namen von den grossen weissen Felsformationen, die dem US-Kapitol ähneln und von den steilen Klippen, die für frühe Reisende eine Barriere darstellten. Der Campingplatz im Park ist ausgebucht und so übernachten wir kurz hinter dem Ausgang auf einer Klippe mit guter Sicht auf die 160 km lange, aufgebrochen Erdkruste, die den Park definiert.
Ein paar Kilometern weiter nordöstlich verwandelt sich die Landschaft und wird plötzlich zu einem trockenen und unwirtlichen fremden Territorium. Umgeben von seltenen Tafelbergen mit bizarren Formen, der bekannteste davon ist der Factory Butte, fahren wir durch eine endlose Wüstenland aus vielfarbigem Gestein in kalten Farben, darunter grau, hellgelb, lila und vor allem blau. Wir fragen uns, warum die Landschaft so aussieht, als stamme sie von einem anderen Planeten.
Der Goblin Valley State Park beherbergt ein Gebiet, in dem weicher Sandstein zu interessanten Formen erodiert ist. Ober sind es doch von Riesenhand aufgeschichtete Steinmännchen? Gleich am Eingang begrüssen uns die Drei Schwestern. Wir ziehen ins Tal der Kobolde, wo die Felsformationen dicht beieinander liegen und einen labyrinthartigen Spielplatz bilden. Schnell erkennen wir Zwerge, Enten und Pilze. Das Goblin Valley wäre die perfekte Kulisse für einen Film. Nun, tatsächlich wurde Galaxy Quest hier gedreht, eine Science-Fiction-Komödie.
«Gott ist ein Steinmetz … und der Arches Nationalpark ist das Hinterzimmer seiner Werkstatt» heisst es auf utah.com. Der Park schützt die dichteste Konzentration von Natursteinbögen der Welt, über 2’000! sollen es sein. Um den Besucherandrang im sehr beliebten Park zu steuern, benötigt man eine zeitgesteuerte Eintrittskarte, die drei Monate im Voraus reserviert werden kann. Haben wir natürlich nicht. Besucher ohne zeitgesteuerte Eintrittskarte können den Park vor 7 Uhr oder nach 16 Uhr betreten. Wir finden aber heraus, dass am Abend vorher noch einmal Eintrittskarten herausgegeben werden. So eine schnappen wir uns jeweils für die uns angenehme Zeit.
Der natürliche Felsbogen, der auf dem Nummernschild von Utah und an vielen anderen Orten erscheint, heisst Delicate Arch. Aber das ist eine Fehlbezeichnung. Der wirklich zarte Bogen liegt nur ein paar Meilen entfernt, am Ende des Scenic Drives und heisst Landscape Arch. Der schlanke Landscape ist mit 93,3 m Spannweite – so lang wie ein Fussballfeld – der längste aller Bögen in Nordamerika und der viertlängste der Welt. Parkwächter sagen, die von Touristen am häufigsten gestellte Frage zu dem dünnen Bogen sei: „Wann wird er einstürzen?“ Das weiss niemand, aber wenn man unter dem Bogen steht, und ein Knacken, Knistern und Knallen hört, soll man rennen wie verrückt.
Nach Landscape Arch wechselt der Weg schnell von einfach zu schwierig und beinhaltet sogar eine kurze Kletterpartie. Die Belohnung sind der Partition Arch, der Navajo Arch und nach einem herausfordernden Gang auf einem schmalen Felsband der Double-O Arch, mit zwei Bögen einander.
Nicht zu verwechseln mit den Double Arch, der einfach über einen 800 m Trail vom Parkplatz erreichbar ist. Double Arch ist ziemlich einzigartig im Park, da er durch Wassererosion von oben und nicht durch Erosion von den Seiten geformt wurde. Aus diesem Grund hat er eine riesige Öffnung von oben und eine grosse, schräge Öffnung von der Seite.
Selbstverständlich lassen wir uns den berühmten Delicate Arch nicht entgehen. Der Weg führt steil über einen Felshang hinauf, ohne Schatten und mit etwas Höhenunterschied. Gegen Ende ist es nur noch ein in den Felsen geschlagener Vorsprung. Oben angekommen präsentiert sich der fantastische Delicate Arch am Rand einer natürlichen Sandsteinschale. Als ob er aus dem Boden gewachsen wäre. Leider ist die Wanderung so beliebt, dass es hier oben recht voll ist. Aber die Anstrengung und die Menschenmassen sind es wert.
Bei Moab liegt nicht nur der Arches Nationalpark, sondern auch der Canyonlands Nationalpark, in dessen Nähe wir unser Lager aufgeschlagen haben. Der grösste und am wenigsten besuchte Nationalpark Utahs erstreckt sich über ein riesiges Gebiet felsiger Wildnis, das sich rund um den Zusammenfluss von Green River und Colorado River befindet. Im Laufe von Millionen von Jahren haben die Flüsse und ihre kleinen Nebenflüsse die flachen Sandsteingesteinsschichten in viele erstaunliche Formen mit einer breiten Farbpalette geformt.
Wir bewegen uns im nördlichsten Bezirk, dem Island in the Sky, einem hohen, weiten Plateau mit herrlichem Blick über kilometerlange tiefrote Felsschluchten im Westen, Süden und Osten. Nach den Wanderungen im Arches NP beschränken wir uns auf die vielen Aussichtspunkte, die entweder neben der Strasse liegen oder auf kurzen Wegen erreichbar sind. Atemberaubend, oder atemraubend ist der Panoramablick vom Grand View Point in die Tiefen von Tausenden von Quadratkilometern von Canyon-Landschaft.
Der speziellste Aussichtspunkt ist vielleicht der Blick auf die Serpentinen des Shafer Trails. Der Shafer Trail ist eine ikonische Strasse, die 457 m durch eine farbenfrohe, massive Sandsteinklippe hinunterführt. Seine Funktion hat sich im Laufe der Jahre verändert; Von einer Route, die von den amerikanischen Ureinwohnern angelegt wurde, um auf die Ressourcen auf dem Mesa-Gipfel zuzugreifen, über einen Pfad für Schafhirten, die ihre Herden darauf über den Abhang bewegten, bis hin zu einer Strasse für Lastwagen, die Ladungen Uran aus dem Hinterland transportierten. Heute ist der Shafer Trail eine anspruchsvolle, unbefestigte Strasse im Backcounty für Adrenalin Junkies, die das Erlebnis ihres Lebens suchen.
Auf dem gleichen Plateau liegt der Dead Horse State Park, einem Felsvorsprung, dessen steile Klippen an drei Seiten 600 m tief in den darunter liegenden Colorado River abfallen. Auf der vierten Seite bietet eine schmale Landzunge den einzigen Ausweg aus der Mesa.
Hinter dem Namen des Punktes steckt eine Geschichte. Früher liefen Herden von Mustangs wild auf den nahegelegenen Tafelbergen umher. Cowboys nutzten die Spitze als natürlichen Pferch, in den sie die Wildpferde trieben. Der nur 30 Meter breite Zugang wurde dann eingezäunt. Die besseren Pferde wurden angebunden und abgerichtet, während andern, sogenannte „Besenschwänze“, durch ein offenes Tor im Zaun davonwandern konnten. Der Legende nach wurde eine Gruppe solcher Besenschwänze auf der Landzunge ausgesetzt, um den Weg zurück ins Freiland zu finden. Aber obwohl das Tor offen war, blieben die Mustangs aus irgendeinem Grund auf der trockenen Landspitze und verdursteten angesichts des Flusses darunter.
Heute ist der Punkt ein Utah State Park mit Campingplätzen, Picknickplätzen, einem Besucherzentrum und, was das Beste ist, einer spektakulären Aussicht auf den verschlungenen Colorado und die Canyons.
Ausser einem kurzen Stück in Moab haben wir den Colorado River immer nur sehr tief in einem Canyon gesehen. Jetzt fahren wir auf dem Upper Colorado River Scenic Byway direkt dem Fluss entlang und folgen zwischen hohen, roten Felswänden all seinen Kurven. Sofort wird klar, warum die Wetterwarnung wegen Hochwasser durch Schmelzwasser noch immer besteht. Der Colorado River ist voll, übervoll. Campingplätze am Flussufer sind aus Sicherheitsgründen geschlossen. Das wird den Lake Powell freuen. Eine kurze Recherche im Internet zeigt, dass der See nur in den letzten 14 Tagen um über 5 Meter gestiegen ist. Wie es hier wohl aussieht, wenn der Fluss seinen normalen Wasserstand hat?
Noch einmal besuchen wir einen Canyon, den letzten auf unsere Tour durch Utah. Und zum Abschluss wird unsere Fantasie voll herausgefordert. Im Fantasy Canyon schauen uns verschiedene Wesen an. Eine fliegende Hexe, der Kopf eines Ausserirdischen, eine gähnende Dame. Fühler strecken sich, Flügel schlagen, weit aufgerissene Mäuler wollen ihr Geheimnis verraten. Der Fantasy Canyon ist eine kleine Attraktion mitten im Nirgendwo mit stark verwitterten Felsformationen in sehr seltsamen Formen. Die wüstenartige Gegend ist voll Ölförderpumpen, Tanks und Leitungen. Glücklicherweise sind diese farblich so bemalt, dass sie in den sanften, grauweissen, rotdurchzogenen Hügeln fast untergehen. Und in den Hügeln sind weitere Fabelwesen versteckt. Naseweis strecken sie ihr Finger, Beine oder Köpfe hervor.
Im Jahr 1909 suchte der Paläontologe Earl Douglass für das Carnegie Museum nach Fossilien, als er in der Nähe von Vernel eine Formation voller prähistorischer Pflanzen- und Tierfossilien entdeckte. 1915 wurde an dieser Stelle das Dinosaur National Monument errichtet.
Viele Fossilien sind in einer abfallenden Felsformation eingebettet, die einst eine Sandbank am Rande eines grossen Flusses war. Als der Fluss Tierkadaver flussabwärts trug, blieben sie auf der Sandbank stecken, die sich schliesslich in Felsen verwandelte. Dadurch sind Fossilien von Hunderten von Lebewesen auf kleinem Raum konzentriert. Die meisten der hier gefundenen Dino Knochen werden allerdings in Museen irgendwo in den USA ausgestellt.
Über der versteinerten Sandbank wurde ein Gebäude errichtet, das heute als «Quarry», Steinbruch, bekannt ist. In der Ausstellungshalle können Besucher die Wand mit etwa 1.500 Knochen zahlreicher verschiedener Dinosaurierarten bestaunen. Die bekannteste darunter ist wohl der Stegosaurus. An mehreren Stellen dürfen wir sogar echte, 150 Millionen Jahre alte Dinosaurierfossilien anfassen. Schon so ein Gefühl!
Je weiter wir uns nordwärts von Utah entfernen, je kleiner werden die Canyons. Die riesigen Felsformationen, die uns in den letzten Wochen so gefallen haben, bleiben aus. Das leuchtende Rot wird von Grau und grün abgelöst. Wir schlängeln ein zwei Stauseen entlang, die beide recht gut gefüllt sind. Ansonsten wirkt die Landschaft eher eintönig. Es sind wohl Viehweiden mit sehr viel Buschwerk, denn ab und zu sehen wir ein paar Kühe. Wie der Farmer die verstreuten Viecher in dem riesigen Weideland finden kann, bleibt uns ein Rätsel. Wir nähern uns dem Teton National Park. Zwar können wir die Schneeberge in den Wolken kaum sehen, alles ist aber sehr feucht, jedes kleinste Rinnsal ist zu einem strömenden Bach angewachsen, die Bäche zu reissenden Flüssen. Bedrohlich grau ist auch der Himmel, immer wieder Blitze und Regenschauer. Und dass soll über das Memorial Day Wochenende leider auch so bleiben. Schnell statten wir der einsamen Mama Mimi Troll im Rendezvous Park in Wilson einen Besuch ab und bringen ihr die Grüsse von ihren Verwandten an der Ostküste.
Dann verstecken wir uns auf einem kleinen Campingplatz auf der Westseite des Teton Passes vor dem angesagten Touristenstrom über das verlängerte Wochenende und warten auf schöneres Wetter.